Willkommen in der Welt von Philmann Dark
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1. Der Menschliche Geist
2. SETI
3. Wald und Bäume
4. Australien
5. Radio Mars
6. Veröffentliche oder geh unter
7. Der Mars
8. Radio Mars
9. Die Mission
10. Mars Orbit
11. Die Sonde
12. Alien Orbiter
13. Auf dem Mars
14. Erklärungen
15. Landung mit Hindernissen
16. Das Haus auf dem Mars
17. Schadensmeldungen
18. Bericht Hunter
19. Bericht Tscherkov
20. Bericht Hunter
21. Bericht Tscherkov
22. Bericht Hunter
23. Bericht Tscherkov
24. Bericht Hunter
25. "Sie leben!"


Space Teil 1 - Radio Mars

1. Der Menschliche Geist

Menschen sind unvollkommen. Wir wissen das, aber im täglichen Leben spielt das eine so untergeordnete Rolle, dass wir es nur selten am eigenen Leib spüren.

Menschen sind zum Beispiel nicht in der Lage elektromagnetische Wellen zu bemerken, die ausserhalb des schmalen Bandes des sichtbaren Lichts liegen. Vielleicht mit Ausnahme einiger weniger Menschen, welche sich als elektrosensibel bezeichnen, aber weder wissen, wie ihre Fähigkeit funktioniert, noch diese unter Laborbedingungen demonstrieren können.

Aber auch diese Menschen hätten das Signal nicht bemerkt, welches am 1.1.2007 das erste Mal auf die Erde traf. Was schade war, denn jemand hatte ziemlich viel Aufwand getrieben, um es zu erzeugen.

Alles Geld der Welt wäre zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage gewesen, den gleichen Effekt hervorzurufen.

Aber die Menschen bemerkten es nicht.

Die grossen Radioteleskope bemerkten das Signal, aber sie waren nicht intelligent genug, um die Menschen, die sich ihrer bedienten, darauf aufmerksam zu machen, dass sich etwas besonderes ereignete. Das Signal wurde pflichtschuldig am 17.2.2007 das erste Mal empfangen und auf haltbaren Datenbändern aufgezeichnet.

Ansonsten geschah nichts.

Das Signal wäre eine Sensation gewesen.

Wenn es jemand bemerkt hätte.

2. SETI

Missmutig schlurfte Jacob Sørensen zu seinem Arbeitsplatz. Unter beiden Armen hatte er dicke Bündel von Papier und ein paar Bücher und in der linken Hand balancierte er einen viel zu vollen, sehr heissen Kaffeebecher aus viel zu dünnem Kunststoff. Die Party vom Vortag schickte immer noch Wellen des Schmerzes durch seinen Kopf und am Morgen von einem unerwarteten Wintereinbruch überrascht zu werden, hatte das seinige dazu beigetragen, ihm den Tag gründlich zu verderben, bevor er noch das Bad erreicht hatte.

Den Versuch die zweieinhalb Meter Neuschnee vor seiner Garage wegzuschaufeln hatte er nicht einmal in betracht gezogen. Stattdessen hatte er seinen Aufenthaltsort und sein Wunschziel und die Ankunftszeit ins Netz gestellt und hatte nach dem Frühstück die Bestätigung vorgefunden, dass eine der öffentlichen Buskapseln ihn mitnehmen würde. Er würde nur eine Stunde zu spät kommen.

Zumindest hatte die Verzögerung ihm erlaubt sich wieder etwas zu erholen und so konnte er den Kopfschmerz voll und ganz geniessen, während die mit breiten Schneeraupen ausgestattete Buskapsel ihn durch die jungfräuliche Schneelandschaft geschüttelt hatte. Nachdem er sein Haus über das Dach verlassen hatte, weil er die Haustür nicht aufbekommen hatte.

Vorsichtig nippte er an seinem Kaffee, nachdem er den Kampf mit der Tür zu seinem Büro erfolgreich für sich entschieden hatte.

Angewidert verzog er das Gesicht, während seine Zunge ihm gleichzeitig unmissverständlich zu verstehen gab, dass der Kaffee immer noch viel zu heiss war und immer noch genauso scheusslich wie gestern schmeckte. Die Bewegung reichte aus, um einen der Papierstapel unter seinen Armen an die Schwerkraft zu verlieren.

Stöhnend stand Jacob einen Moment da, starrte auf das Papier, welches sich grosszügig auf dem Boden verteilt hatte, so dass er den Inhalt fast bequem hätte lesen können, wenn die Seiten nicht zweiseitig bedruckt gewesen wären.

Dann riss er sich zusammen, stellte den Becher irgendwo ab, wo er voraussichtlich keinen Schaden anrichten konnte, dann warf er den noch vorhanden Stapel auf seinen Tisch auf das andere Papier, dass sich dort stapelte und begann die Seiten auf dem Boden zusammenzusuchen und wieder zu sortieren, während er leise darüber fluchte, dass seine kleine Fakultät kein Geld für die neuen Flachbildschirme hatte, deren Auflösung und Bild von einem gedruckten Stück Papier kaum noch zu unterscheiden waren.

Die Kapriolen, die das Wetter der Welt inzwischen trieb, waren noch seine kleinste Sorge, als er sich in seinen Stuhl fallen lies und das Kalenderblatt vom 22. April 2007 abriss.

Auf dem Bildschirm blinkte seine Mailbox mit dem SETI@home-Tool um die Wette.

Nachdem Jacob seine eMail durchgesehen und ein paar davon beantwortet hatte, wandte er sich SETI@home zu, bei dem er als Administrator mithalf, vielversprechende Signale auszuwerten, welche das weltweite Netz an Radioteleskopen auffingen. Sein Chef war nicht sehr begeistert davon. Er hätte es lieber gesehen, wenn Jacob seine freie Zeit damit verbracht hätte, an Dingen zu arbeiten, welche die Astronomie weiterbrachten. Jacob grinste bei der Vorstellung, was sein Chef sagen würde, wenn er wüsste, dass er in seiner Freizeit wirklich etwas anderes machte.

Er erschrak heftig, als plötzlich die Tür aufflog und konnte das Fenster von SETI@home gerade noch schliessen, bevor sein Chef es sah. Ihm wurde ganz heiss, während der Schreck langsam verflog. Sein Chef achtete nicht darauf; Jacob hatte ihm schon tausendmal gesagt, wie sehr er sich erschreckte, wenn er so in sein Büro hereinplatzte, aber genützt hatte es bisher nichts.

Dann kam der lange Vortrag darüber, wie schwer es war, Geld für ihre Einrichtung aufzutreiben, den man am Institut inzwischen spöttisch als Guten-Tag-Vortrag bezeichnete, weil er jedes Gespräch damit begann. Dann hielt er Jacob eine DVD mit einem Brief unter die Nase und erklärte ihm, was er damit auf sich hatte.

Jacob seufzte, als sein Chef wieder aus dem Büro stürmte und machte sich widerwillig daran, die Daten auf der DVD auszuwerten. So verging ein Tag, bis er sich wieder SETI@home widmen konnte.

Dem Programm machte es nichts aus. Es blinkte am nächsten Tag mit der gleichen Begeisterung, wie am Vortag.

Jacob öffnete die Administratorenansicht und pickte sich aus der Liste den ersten Eintrag aus. Einen Augenblick starrte er verblüfft auf die Energieverteilung des Signals, welche die FFT<Fast Fourier Transformation. Übliches Rechnenverfahren um die verschiedenen Frequenzen zu bestimmen, aus denen ein Signal zusammengesetzt ist.> geliefert hatte.

Das Signal sah perfekt aus. Jacob biss sich auf die Unterlippe, als er es in die automatische Analyse gab, welche alle bekannten menschlichen Einflüsse mit dem Signal vergleichen würde. Wenn es ein Satellit oder ein Flugzeug gewesen war, dann würde er es in wenigen Augenblicken wissen.

Die erste Suche, welche nach ein paar Minuten abgeschlossen war, verlief negativ. Jacob suchte aus der umfangreichen Datenbank von SETI weitere Aufzeichnungen des gleichen Himmelsabschnitts heraus. Er wurde ganz aufgeregt, als er das Signal wiederfand.

Er holte sich alle Aufzeichnungen des gleichen Abschnitts aus der Datenbank und in jedem fand er jeden Tag das Signal, wenn das Radioteleskop den entsprechenden Bereich des Himmels sah. Rasch hattte er herausgefunden, dass das Signal am 17.2. zum ersten Mal aufgefangen worden war. Ein kurzer Blick zeigte ihm, dass an diesem Datum zum ersten Mal Daten aus diesem Himmelsabschnitt aufgezeichnet worden waren.

Seine Hand zitterte leicht, als er nach dem Kaffeebecher griff. Er würgte, als der kalte Kaffee mit seiner Zunge in Berührung kam. Kalt schmeckte es noch schlimmer als heiss!

Mühsam versuchte er sich zu beruhigen, während immer mehr Computer auf der ganzen Welt über das Signal stolperten und ihm ihre Meldungen zuschickten. Langsam füllte sich die Liste.

Schon mit blossen Auge war ihm klar, dass das Signal immer von der gleichen Stelle am Himmel kam, aber es konnte kein geostationärer Satellit oder einer, der sich in der Ekliptik befand, denn dann hätte das automatische Filterprogramm das Signal bereits verworfen. 'Vielleicht ein militärischer Satellit?' überlegte Jacob. Das Militär hatte nur wenig Interesse dran, ihr geheimes Satelliten-Netz offenzulegen.

Um ganz sicher zu gehen, schickte er eine eMail an einen anderen Mitarbeiter von SETI@home in den USA und bat ihn, das Signal zu untersuchen. Aber Jacob war sich ziemlich sicher, dass es ein Treffer war. Seit über 30 Jahren hatte man gesucht und endlich etwas gefunden!

Voller Vorfreude druckte er das Signal auf dem Farbdrucker des Instituts aus.

Seine Hoffnungen verbrannten zu Asche als die Antwort aus Amerika eintraf:

Hi Jacob,

Tja, sah gut aus, ist aber vom Mars. Vielleicht eine Reflektion von einem Haus der kleinen, grünen Männchen ;-)

Bis dann!

So ging die grösste Entdeckung, seit die Menschen das Konzept von Gott entdeckt hatten, unter.

Jacobs Chef war ausser sich, als er den Ausdruck sah. Er hielt Jacob eine lange Standpauke, in der er ziemlich oft wiederholte, wie schwer es war, Geld für das Institut aufzutreiben. Jacob tat zerknirscht, was in seinem Zustand gar nicht so schwer war, nickte an den richtigen Stellen und liess es über sich ergehen.

Beinahe hätte er den Ausdruck zerknüllt, als sein Chef endlich weg war, aber die ständigen Ermahnungen Geld nicht sinnlos zu verschwenden zeigten ihre Wirkung: Jacob pinnte das Bild an sein Dartboard und warf wütend seine Pfeile darauf, wenn wieder etwas in seinem Leben schiefging.

3. Wald und Bäume

Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht.

In Jacobs Fall dauerte es knapp zwei Monate. Als er mal wieder seine Darts aus dem Brett zog, fiel sein Blick zufällig auf einen Teil der Grafik mit dem Signal, dem er bisher keine Beachtung geschenkt hatte. Es war die Amplitude des Signals.

Ein Laie hätte gesagt seine Stärke.

XXX 50 mW.

Wütend über sich selbst, schüttelte Jacob den Kopf, als er zu seinem Computer zurück ging, aber aus irgendeinem Grund liess ihm die Zahl keine Ruhe. Er löschte den Bildschirmschoner, der (sehr zum Missfallen seines Chefs) zeigte, an welchem Datenpaket seine Kopie von SETI@home gerade rechnete. Obwohl es seinem Chef schon gefallen hatte, als Jacob ihm erklärt hatte, dass das Programm nur in der Zeit lief, wo der Rechner darauf wartete, etwas zu tun; die Idee, die Zeit, in der der Rechner nichts für das Institut tat, als darauf zu warten, dass er etwas zu tun bekam, fand sein Wohlwollen. Jacob hatte ihm dann erklären müssen, warum der Rechner nicht auch den Rest der Zeit für das Institut arbeiten könnte: Er konnte die Daten einfach nicht schnell genug eingeben. SETI@home war ein vollautomatisches System, welches eine schier unbegrenzte Menge an Daten zu verarbeiten hatte. Dagegen waren die kleinen Auswertungen hier am Institut Peanuts.

In seinem Astronomieprogramm versuchte Jacob eine Funktion zu finden, die ihm sagen konnte, wie stark das Signal auf dem Mars sein müsste, wenn auf der Erde noch XXX 50 mW ankommen sollten. Das war offensichtlich keine häufige Aufgabe, denn Jacob konnte nichts finden. Auch auf einschlägigen Seiten gab es keine Hinweise, wie man das berechnen konnte. Er fand nur eine Seite, wo stand, welche Stärke das Signal der Raumsonde Voyager hatte und wieviel davon noch auf der Erde ankam.

'Das ist ja unglaublich wenig', wunderte er sich. 'Wieviel von dem Signal wird eigentlich vom Mars reflektiert? Schliesslich besteht der Planet ja hauptsächlich auch Sand und Feld und das reflektiert ziemlich schlecht ...'

Er fragte vorsichtig bei einigen Kollegen, aber niemand hatte Interesse daran, sich mit dem Problem zu beschäftigen. Und Jacob wollte nicht zuviel verraten, warum er das wissen wollte, weil er Angst hatte sich lächerlich zu machen. Ausserdem hätte er dann den Ruhm teilen müssen.

Eine Woche später traf er seinen Chef im Gang. Sie waren beide auf dem Weg nach Hause.

"Es ist wirklich extrem schwer das ganze Geld aufzutreiben, dass ein Institut, wie das unsere, überleben kann", begann sein Chef.

Jacob verdrehte in Gedanken seine Augen, tat aber so, als würde er zuhören.

"Für sie ist das natürlich völlig unwichtig", klagte der Chef. "Schliesslich beschweren sie sich nur, wenn nicht genug Geld da ist, um ihre Forschung zu finanzieren! Aber welche Anstrengungen ich auf mich nehmen muss, um das Geld herbeizuschaffen, das interessiert niemand!"

Jacob war schon seit fünf Jahren am Institut und die Leier ging ihm wirklich langsam auf die Nerven. Heftiger, als er eigentlich wollte, gab er zurück: "Sagen sie mir, wie stark ein Signal auf dem Mars sein muss, wenn auf der Erde noch XXX 50 mW davon ankommen und ich sagen ihnen, wie wir zu Geld kommen!"

"Pah", sagte der Chef, "wie soll denn das gehen?"

Jacob zuckte die Schultern, wütend über sich selbst, dass er überhaupt damit angefangen hatte: "Es wäre simpel, wenn ich wüsste, wie stark das Signal auf dem Mars wäre."

Sein Chef sah ihn seltsam an, dann steuerte er auf einen Tisch im Eingangsbereich zu: "Das ist einfach. Sehen sie, wenn sie ungefähr wissen, wieviel Energie die Materie im Sonnensystem absorbiert, dann ..."

Eine halbe Stunde später sassen sie am Computer und gaben die Formeln ein, die sie auf einem Blatt Papier skizziert hatten.

Jacob formte die Formeln so um, dass er einfach die gemessene Stärke des Signals und die Distanz Erde-Mars einsetzen konnte und als Ergebnis die Stärke des Signals beim Sender auf dem Mars bekam.

"Sehen sie?" Jacobs Chef tippte mit dem fettigen Finger auf den Bildschirm, aber für einmal machte es Jacob nichts aus. Er starrte auf die Zahl: XXX.

"So", meinte der Chef dann siegessicher, "und wie kann man diese Zahl jetzt zu Geld machen?"

Wortlos hielt Jacob ihm seinen Ausdruck unter die Nase. In der Mitte war das Papier von sehr vielen kleinen Löchern völlig aufgelöst, aber die Skala am Rand war noch problemlos zu lesen.

"Bezahlt dieses SITI-Projekt jetzt für die Rechenzeit, die wir ihnen schenken? Oder ist das eine Forschungsaufgabe gewesen, die die ... Leute von SITI nicht selbst auf die Reihe bringen?" meinte der Chef spöttisch.

"Es heisst SETI. Und dieses Signal", sagte Jacob völlig ruhig und sein Chef schwieg verblüfft, "kommt vom Mars. Immer, wenn er über dem Aricibo-Teleskop steht, kann man es empfangen."

"Und?" meinte der Chef und liess den Ausdruck achtlos auf den Tisch fallen.

"So stark muss es auf dem Mars sein", erklärte Jacob geduldig.

"Aber auf dem Mars steht sicher kein Sender!" wehrte der Chef ab.

Wortlos verdoppelte Jacob die Distanz und liess den Computer neu rechnen.

"Das ist wirklich ungewöhnlich viel ...", gestand der Chef langsam ein.

"Und so viel würde nur dann hier zurückkommen, wenn der Mars ein perfekter Reflektor ist!" argumentierte Jacob. "Aber da ist der Boden, der Sand und die Felsen, eine völlig unregelmässige Oberfläche. Dazu der Sand in der Atmosphäre!"

4. Australien

Dan Wilcox, ein Radioastronom, der mit Jacobs Chef befreundet war, war gar nicht glücklich, als er angerufen wurde.

"Hm?" grunzte er ins Telefon.

"Dan? Hier Tiero! Kannst Du ein Teleskop auf den Mars richten und ein Signal bestätigen?" rief Jacobs Chef begeistert ins Telefon. Jacob erkannt ihn kaum wieder.

"Was? Tiero? Hast Du eine Ahnung, wie spät es hier ist?" murmelte Dan verschlafen zurück.

"Wie spät ...? Oh, verdammt, tut mir Leid, Dan, aber wir waren so aufgeregt, dass wir gar nicht daran gedacht hatten, dass es bei euch ja jetzt mitten in der Nacht ist. Hey, das wirst Du gar nicht glauben! Zieh Dich an und fahr raus und richte ein Teleskop auf den Mars!"

Dan stöhnte; er kannte diesen Ton nur zu gut. "Ist gut", antwortete er.

Dann legte er auf und drehte sich um. In wenigen Augenblicken war er wieder eingeschlafen.

Am nächsten Morgen hatte er den Anruf völlig vergessen.

Jacob und sein Chef warteten derweil wie auf heissen Kohlen auf das Ergebnis.

Weil sie nichts anderes zu tun hatten, verbesserten sie das Model, mit dem sie die ursprüngliche Stärke des Signals berechneten, immer mehr. So verging die Zeit und irgendwann stellten sie erstaunt fest, dass die Sonne wieder aufging.

Tiero rief noch einmal in Australien an und Dan teilte ihm mit, dass er in vier Stunden ein Teleskop haben würde, dass er kurz auf den Mars richten konnte: "Tiero, du weisst so gut wie ich, dass Teleskopzeit wahnsinnig teuer ist! Ich kann nicht so einfach ein zahlendes Projekt hintenanstellen, um dir einen Gefallen zu tun!"

"Ja, ja, das liebe Geld", spottete Jacob müde.

"Schon gut, schon gut!" gab Tiero sich geschlagen. "Aber ruf mich bitte sofort an, wenn Du es hast."

"Ja, ja, mach ich", antwortete Dan unwillig.

Als Reporter ihn später fragten, was er damals gedacht hatte, antwortete er: "Sehen sie, Tiero war schon immer ein Spinner, oder? Ich meine, er hat jahrelang seine Zeit mit der Suche nach ausserirdischem Leben verplempert, statt seine Energie darauf zu verwenden, die Astronomie weiterzubringen. Erst als er Leiter vom Astronomischen Institut in Helsiniki geworden ist, hat er sich endlich realistischen Aufgaben zugewandt. Was sollte ich also denken? Ich dachte, er hat einen Rückfall. Vor allem, als ich das Signal dann selbst empfing!"

Jacob und Tiero legten sich erst mal hin und holten etwas Schlaf nach, aber nicht ohne die anderen Mitarbeiter anzuweisen, sie sofort zu wecken, wenn Australien sich melden würde. Die Mitarbeiter sahen sich verblüfft an.

Zum ersten Mal, seit sie ihren Chef kannten, hatte er nichts davon erwähnt, wie schwer er es hatte, Forschungsgelder zu beschaffen.

5. Radio Mars

"Tiero? Hier ist Dan. Ich hab Dein Signal", sagte Dan mit einem seltsamen Unterton.

"Wirklich?" freute sich Tiero. "Kannst Du uns sagen ..."

Dan unterbrach ihn: "Ich kann es auf die Leitung legen. Ihr könnt es selbst hören."

Tiero schwieg verblüfft. "Ihr habt es schon entschlüsselt?"

"Nein", meinte Dan. "Hör selbst."

Dann sagte eine professionelle Stimme: "And with this, we conclude the news. This is BBC Worldwide with the weather forecast for Europe. Hello, my name is Mike Larson. It's 14:07 and it's a bright day for almost all ...<Und das waren die Nachrichten. Hier ist BBC Worldwide mit dem Europawetter. Hallo, mein Name ist Mike Larson. Jetzt ist es 14:07 und es ist ein wunderschöner Tag fast überall in ...> ..."

Erneut raubte die Enttäusching Jacob fast die ganze Hoffnung. Ein Blick auf die Uhr auf seinem Schreibtisch zeigte 15:16 an.

"Wie stark ist die Zeitverschiebung des Signals?" fragte er nach Australien.

"Huh?" fragte Dan, der die ganze Sache schon abgeschrieben hatte.

"Wann hat er gesagt, dass es 14:07 ist?" präzisierte Jacob seine Frage.

Dan seufzte schwer und schaltete das Signal aus der Leitung. "Hören sie, es ist offensichtlich eine Reflektion, OK? Wissen sie eigentlich, wie viel eine Minute Teleskopzeit ist? Der ganze Scherz hat mich bis hierhin schon unheimlich viel Geld gekostet und ich mache das nur ..."

Während Dan sich beschwerte, tippte Jacob an seinem Computer. Kurze Zeit später ertönte das Radioprogramm von BBC Worldwide aus den Lautsprechern.

"Geben sie mir eine halbe Stunde!" flehte Jacob, während er den Computer anwies, das Programm aufzuzeichnen.

Im Radio beendete der Sprecher gerade die Wettervorhersage: "... war das Wetter für Europa. In der nächsten Stunde ..."

Der Computer wies Jacob darauf hin, dass er einen Verstoss gegen das Copyright beging, wenn er das Signal ohne Lizenz aufzeichnete. 'Damit hat sicher niemand gerechnet, als die Copyright-Gesetze verabschiedet wurden', meinte Jacob halb amüsiert, halb wütend und bestätigte die Meldung, damit der Computer endlich anfing aufzuzeichnen.

"Bitte legen sie das Signal wieder auf die Leitung", bat Jacob.

"Hören sie", begann Dan wieder, deutlich verärgert diesmal.

"Dan", unterbrach Tiero entschlossen, "bitte gib uns eine Stunde Teleskopzeit. Halte das Teleskop auf dem Mars und schick uns die Rechnung."

Vor so viel Unvernunft konnte Dan nur kapitulieren: "Also gut, ihr bekommt eine Stunde. Aber auf keinen Fall mehr! Ich bekomme schon so genug Schwierigkeiten! Was soll ich den Leuten sagen, die das Teleskop schon vor Monaten reserviert haben?"

"Danke Dan, ich schulde dir was!" meinte Tiero dankbar.

Dan schnaubte: "Ich schicke euch die Aufzeichnung des Signals, sobald die Computer es komplett aufgezeichnet haben per eMail."

"Danke, Dan! Bitte mit Timestamps<Markierungen, wann das Signal aufgezeichnet wurde>", rief Tiero

"Sicher, ja", schnauzte Dan und knallte den Hörer auf die Gabel.

"Ich hoffe", sagte Tiero zu Jacob, "dass es das wert war."

"Wieviel wird das kosten?" wunderte sich Jacob.

"Etwa 25'000 Euro", antwortete sein Chef und schien gar nicht glücklich zu sein.

"Was? So viel?" erschrak Jacob.

"Sagen wir es so: Entweder es ist wirklich ein ausserirdisches Signal oder Du hast gerade Dein ganzes Budget für den Rest des Jahres aufgebraucht."

"Wieso würde es etwas ändern, wenn es ein echtes Signal ist?" wunderte sich Jacob.

"Es gibt ein Sonderbudget für die Auswertung von vielversprechenden Signalen", erklärte Tiero erschöpft und rieb sich die Augen. "In dem Topf ist ziemlich viel Geld, weil man sich gedacht hat, dass es ziemlich teuer werden könnte, ein vielversprechendes Signal auszuwertden. Man müsste ja Teleskopzeit rund um den Globus kaufen und eine Menge Leute verärgern."

"Leute, die ihre Zeit schon lange reserviert haben", dachte Jacob laut mit.

"Genau. Die freuen sich natürlich nicht, wenn man sich plötzlich vordrängelt. Ausserdem könnte es sein, dass man das Signal sehr lange verfolgen muss, und so weiter. Daher ist es viel Geld, das da liegt."

"Und eigentlich hat niemand, der diesem Etat zugestimmt hat, damit gerechnet, dass ihn jemals jemand benötigen würde", vermutete Jacob.

"Kaum", lachte Tiero. "Sonst wäre er viel kleiner geworden."

6. Veröffentliche oder geh unter

Zwei Stunden später kloppfte jemand zaghaft and Tieros Büro.

Tiero hatte eine böse Vorahnung, als er sagte: "Komm rein, Jacob."

Jacob warf ein Bündel Papier auf den Schreibtisch und liess sich schwer in einen Sessel fallen, bevor er theatralisch stöhnte.

Tiero liess sich nicht beeindrucken: "Und?" fragte er.

Jacob erklärte ihm, was er herausgefunden hatte und Tiero hörte aufmerksam zu.

Dann dachte er einen Augenblick nach, während Jacob nervös in seinen Aufzeichnungen blätterte, um einen Fehler zu finden.

"Hm, gut. Wir machen folgendes: Du gehst jetzt nach Hause und schläfst dich erst mal richtig aus. Morgen sehen wir uns das nochmal in aller Ruhe an, OK?" schlug er vor.

Jacob nickte, erhob sich mühsam und schlurfte erschöpft zur Tür. Dann drehte er sich noch einmal um: "Brauchen sie die Unterlagen?" fragte er Tiero und wedelte mit dem Stapel.

"Nein, ich denke nicht."

"Dann bis morgen."

Tiero sah Jacob noch einen Moment regungslos nach, während er versuchte zu entscheiden, was er als nächstes tun sollte. Dann griff er zum Telefon und liess sich mit dem Forschungsministerium verbinden.

"Hallo? Hallo, hier ist Tiero Kastachson vom Astronomischen Institut in Helsiniki. Ich möchte bitte mit dem Minister sprechen ..."

Jacob staunte nicht schlecht, als er am nächsten Tag ins Büro kam und von seinem Chef die Anweisung bekam, seine Auswertung aufzubereiten, damit man sie vor einem Laienpublikum zeigen konnte.

Als sie eine Woche später in einem Aufenthaltsraum des Finnländischen Parlaments darauf warteten, gerufen zu werden, war er furchtbar nervös.

"Die Herren Tiero Sanchez und Jacob Sørensen vom Astronomischen Institut?" fragte ein würdevoller Saaldiener.

Jacob und Tiero erhoben sich und folgten ihm in einen grossen Sitzungssaal, wo bereits etwa zwanzig Mitglieder des Ministeriums sowie einige Parlamentarier versammelt waren.

Stanes Ribonson, der Minister des Resorts Forschung und Wissenschaft, hatte den Vorsitz: "Meine Damen und Herren, vielen Dank, dass sie so kurzfristig Zeit gefunden haben. Wie sie der Einladung entnehmen konnten hat unser Astronomisches Institut ein vielversprechendes, extraterrestrisches Signal aufgefangen. Die beiden Herren hier, Tiero Sanchez, der Leider des Instituts und Herr Jacob Sørensen, einer seiner Mitarbeiter, werden sie nun mit dem Details vertraut machen. Herr Sanchez?"

"Vielen Dank, Herr Minister. Anfang diesen Jahres wurde vom SETI@home-Netzwerk ein ungewöhnliches Signal aufgezeichnet. Mein Mitarbeiter Herr Sørensen hier, der das Signal als erster entdeckt hat, hat eine Präsentation vorbereitet, welche die Situation erklärt und darlegt, warum wir der Meinung sind, dass es ein vielversprechendes Signal ist. Bitte, Jacob."

Jacob, der fest damit gerechnet hatte, dass erst einmal geraume Zeit über andere Dinge geredet werden würde, realisierte entsetzt, wie sich alle Aufmerksamkeit auf ihn richtete. Er bekam kaum mit, dass sein Chef ihn als Entdecker des Signals genannt hatte.

"Äh, also", stammelte er und fummelte nervös an seinem Laptop. "äh, ich weiss nicht, ob das alle sehen können ..."

"Schliessen Sie ihren Laptop doch an das Projektionssystem an", schlug ein freundlicher Herr vor. Jacob war so durcheinander, dass er nicht einmal mehr in der Lage war, sich daran zu erinnern, wer der Herr war.

"Oh, ja, sicher, ja, klar, Moment", mumelte er und riss das Netzteil so abrupt aus der Steckdose, dass er beinahe das Kabel abgerissen hätte. Ohne nach links oder rechts zu blicken hastete er dann nach vorne. Er war fast da, als ein Kabel, das von seinem Laptop herunter hing, unter seinen Fuss geriet und er lang hinschlug. Der Laptop fiel ihm aus der Hand und zerbrach mit einem hässlichen Knirschen in zwei grosse und viele kleine Teile.

Jacob blieb einen Moment betäubt liegen, während verschiedene Mitglieder des Gremiums die Augen verdrehten oder verächtlich schnaubten. Jemand half ihm auf die Beine. Es war der freundliche Herr von vorher. Er lächelte Jacob freundlich an.

Plötzlich war es kein peinliches Missgeschick mehr, sondern eher ein lustiges. Er begann leise zu lachen und Jacob stimmte kopfschüttelnd mit ein.

"Ich hoffe, sie können die Präsentation auch ohne ihren Computer führen?" fragte der Mann Jacob, während dieser die Bruchstücke seines Laptops einsammelte.

"Oh, sicher, kein Problem", meinte Jacob leichthin und alle Nervosität war auf einmal wie weggeblasen. Er drücke auf die Seite des Laptops und eine CD sprang heraus. Sie sah unbeschädigt aus. "Oder, naja, haben sie einen anderen Computer, den ich benutzen kann? Ich habe die Präsentation auf dieser CD hier und ..."

"Sicher", meinte der Mann und zeigte Jacob, wo der Rechner stand. Dankbar setzte Jacob sich und der Mann aktivierte die Projektionsfläche während Jacob die CD ins Laufwerk schob. Aus der Tischplatte schob sich ein Monitor, so dass Jacob sehen konnte, was hinter ihm gezeigt wurde, ohne sich umdrehen zu müssen.

"Was sie hier sehen", begann Jacob, "ist eine schematische Darstellung des Sonnensystems. Die Verhältnisse der Abstände der Planetenbahnen entsprechen der Realität, aber die Planeten sind viel zu gross eingezeichnet. In Wirklichkeit wären sie bei dieser Ansicht so klein, dass man sie fast nicht sehen könnte."

"Das Signal wurde am 17. Februar das erste Mal aufgefangen. Da befand sich die Erde an dieser Position. Jetzt haben wir den 3. Juli und die Erde ist nun hier", erläuterte er, während der Planet an der neuen Position erschien. "Ich habe die Distanz, welche die Erde seit dieser Zeit zurückgelegt hat, farblich markiert."

"Am 17. Februar wurde das Signal aus dieser Richtung empfangen", fuhr Jacob fort und eine Linie erschien.

"Da haben sie ja Glück gehabt, dass der Mars es nicht verdeckt hat", rief jemand und ein paar Personen lachten.

"Am 23. April kam es von hier und heute ist es dort." Weitere Linien erschienen. Sie zeigten immer auf den Mars.

"Das ist ja völlig lächerlich!" polterte jemand. "Sie wollen doch nicht etwa behaupten, dass kleine, grüne Männchen urplötzlich auf dem Mars aufgetaucht sind? Jedes Kind weiss, dass der Planet völlig unbewohnbar ist! Wie können sie es wagen, unsere Zeit mit so einem Unsinn zu vergeuden."

Jacob hatte mit diesem Argument gerechnet, daher traf es ihn nicht unvorbereitet, aber er war überrascht, wie viele Leute sich auf die Seite des Zwischenrufers schlugen. Plötzlich schien der ganze Raum sich gegen ihn zu wenden.

Er blickte hilfesuchend zu dem Mann, der ihm geholfen hatte, aber es war sein Chef, der rief: "Meine Damen und Herren, Herr Sørensen hat erst einen winzigen Bruchteil der Informationen mitgeteilt, die wir über das Signal haben. Auch wir waren sehr überrascht, als wir festgestellt haben, dass das Signal vom Mars kommt, aber wir wären nicht hier, wenn wir nicht sicher wären, dass es sich um etwas wichtiges handelt."

"Nun, sie sind ja früher schon wegen solchen Sachen in Verruf geraten", schoss der Angreifer zurück. Seine Stimme klang penetrant selbstbewusst und aggressiv: "Sie haben ja schon einmal Informationen gefälscht, nur um ..."

Verblüfft starrte Jacob seinen Chef an. Davon hatte er nichts geahnt.

"Bitte Meine Damen und Herren", sagte der Minister mit fester Stimme. "Ich möchte vorschlagen, dass Herr Sørensen seinen Vortrag fortführt und wir uns ein Bild machen, wenn wir alle Informationen haben."

Der Zwischenrufer schien sich völlig sicher zu sein, dass das völlig Zeitverschwendung war und seine Haltung machte keinen Hehl aus seiner Überzeugung, aber er schwieg.

"Bitte Herr Sørensen", bat der Minister.

"Äh, vielen Dank. Also, ich muss zugeben, dass ich exakt auf die gleiche Weise reagiert habe."

Der Zwischenrufer schnaubte.

"Um Fehler zu vermeiden, haben wir aufwendige Testprogramme entwickelt, welche die meisten falschen Signale sofort als solche klassifizieren kann. Die meisten solcher Signale sind Reflektionen von Flugzeugen, Satteliten oder dem Mond. Das Testprogramm meinte, dass ich etwas gefunden hatte, aber als ich herausfand, dass die Quelle des Signals auf dem Mars liegt, habe ich es sofort als Reflektion verworfen."

"Erst etwa zwei Monate später, Ende Juni, realisierte ich meinen Fehler."

"Zwischenfrage: Woher wissen sie so genau, dass es vom Mars kommen muss? Könnte es nicht ein Witzbold von einem Flugzeug aus senden?"

"Äh nein, moment", murmelte Jacob, während er durch die Präsentation blätterte.

"Ah, hier. Hier sehen sie, wiederum in korrekter Relation zueinander, aber zu gross, wo ein Flugzeug, ein Sattelit, der Mond und der Mars sich befinden. Wenn nun ein Radioteleskop auf der einen Seite der Erde das Signal empfängt, dann weiss man nur die Richtung, aus der es kommt, aber nicht die Entfernung. Also schaltet man ein zweites Teleskop auf der anderen Seite der Erde dazu, und dann sieht man sehr gut, woher das Signal wirklich kommt. Beim Flugzeug z.B. würde das Teleskop gar nichts empfangen."

"Und wenn es zwei Flugzeuge gäbe?" wurde er gefragt.

"Das wäre möglich, aber wir empfangen das Signal auch hier in Helsinki und auch hier scheint es vom Mars zu kommen, und irgendwann wird es einfach zu aufwendig so viele Flugzeuge auf die Reise zu schicken, um alle Teleskope weltweit zu täuschen. Ausserdem bewegt sich ein Flugzeug ja; es kann nicht einfach still stehen. Das würde das Teleskop schnell merken. Ein Hubschrauber kann nicht hoch genug fliegen."

"Was ist mit einem Sattelit?"

"Auch hier würde man vom Boden aus schnell merken, dass er sich bewegt. Sie müssen wissen, dass ein Sattelit immer um die Erde kreist, sie stehen auch nicht still."

"Geostationäre Satteliten stehen still. Das weiss doch jedes Kind!" rief der Zwischenrufer von vorher verächtlich.

"Nicht wirklich. Sie scheinen sich nicht zu bewegen, wenn man sie vom Erdboden aus beobachtet, aber die Erde dreht sich. Der Mars scheint einmal am Tag um die Erde zu kreisen, ein geostationärer Sattelit nicht. Moment", Jacob suchte wieder in der Präsentation, "Ah, hier. Hier sehen sie die Bahn, die ein Sattelit haben müsste, damit das Aricibo-Teleskop in Südamerika ihn immer an der Position vom Mars sieht."

Eine Grafik mit einem Gewirr von Linien um die Erde erschien.

"Die Bahn ist aber nicht stabil, das heisst, der Sattelit würde die ganze Zeit Treibstoff verbrauchen müssen, um Mars zu spielen. Und in Australien würde man das Signal nicht empfangen können, weil die Erde zwischen dem Sattelit und der Schüssel ist."

"Und wenn jemand einen Satteliten zum Mars geschossen hätte?"

"Nun", erläuterte Jacob, "ich habe überlegt, ob jemand den Global Surveior missbraucht hat oder seinen Nachfolger, den Spectral Explorer. Sehen sie, das Signal ist immer gleich stark. Das bedeutet, dass es nicht von der Oberfläche kommen kann, weil der Mars uns nicht immer die gleiche Seite zuwendet und ein Sattelit musste diese Bahn haben, um diesen Effekt zu erzielen."

Jacob drückte eine Taste und ein Bild des Mars erschien, um den ein Gewirr von Linien zu sehen war.

"Wie sie sehen können, ist auch diese Umlaufbahn nicht stabil. Der Sattelit verbraucht Treibstoff und, ich bin leider kein Experte für Satteliten, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Global Surveior oder Spectral Explorer genug Treibstoff an Bord hätten, um so etwas zu tun. Normalerweise können die Satteliten ihre Position knapp halten, aber nur sehr wenig verändern."

"Wieviel würde es denn kosten einen Satteliten zum Mars zu schicken?"

Jacob dachte einen Moment nach. "So ab 50 Million Euro wäre man dabei, denke ich. Eher mehr, weil der Sattelit ziemlich schwer wäre, wegen dem ganzen Treibstoff. Sie müssen berücksichtigen, ein normaler Sattelit hat ein bis zwei Kilo Treibstoff an Bord."

"Das ist ja völlig lächerlich!" rief der Zwischenrufer erbost. "Ein Sattelit wiegt Tonnen! Mit so wenig Treibstoff könnte man ihn keinen Meter weit bewegen. Und er wird hunderte von Kilometern weit transportiert!"

Der Ton des Mannes ging Jacob langsam, aber sicher auf die Nerven. Mühsam beherrscht sagte er: "Hier unten nicht, aber im Weltraum schon. Die Rakete, die ihn in die Nähe seiner endgültigen Umlaufbahn bringt, liefert den meisten Schub. Sie bringt ihn in die richtige Höhe. Der Treibstoff dient nur dazu, die Flugbahn zu korrigieren."

"Ich glaube, dass wir uns hier in Details verlieren", versuchte der Minister die Wogen zu glätten. "Wenn ich sie richtig verstanden habe, dann denken sie, dass das Signal vom Mars kommt und sie haben alles menschenmögliche getan, um einen Irrtum auszuschliessen?"

"Äh, ja. Ich könnte mir ein paar Szenarien ausdenken, wie man diesen Effekt hinbekommen könnte, aber ich konnte nichts finden, das zu allen Fakten passt."

"Fahren sie fort."

"Nun, sehen sie, wir haben das Signal entschlüsseln können", meinte Jacob vorsichtig.

"Es ist eine Botschaft? Nicht nur ein zufälliges Signal?" fragte jemand verblüfft.

Jacob wand sich. "Naja, es ist eine Botschaft, aber nicht wirklich. Ähm, ich könnte es abspielen, wenn sie wollen?"

"Bitte."

Jacob fühlte sich wie ein Rindvieh auf dem Weg zum Schlachthof.

"Vorher möchte ich noch etwas sagen: Als ich den Inhalt des Signals das erste Mal gehört habe, da hielt ich es für einen Witz, aber es ist nicht der Inhalt, auf den es ankommt."

Jacob startete die Wiedergabe und Mike Larson sagte erneut, dass es 14:07 sei.

"Jemand auf dem Mars hört BBC Worldwide?" fragte eine weibliche Stimme ungläubig.

"Es ist nicht das Signal an sich", beeilte Jacob sich zu sagen. "Sehen sie, der Mars war zu dem Zeitpunkt 8 Lichtminuten von der Erde entfernt. Wenn ein Witzbold mit viel Geld auf der Erde das Signal senden würde, dann würde wir um 14:23 hören, wie Mike 14:07 sagt. So lange würde das Signal zum Mars und zurück brauchen."

"Aber wir haben es um 14:15 aufgezeichnet."

Jacob sah in verständnislose Gesichter.

Er hob hilflos die Schultern: "Es kommt ganz sicher vom Mars und nicht von irgendwo auf halber Strecke. Jemand sendet das Signal im gleichen Moment auf dem Mars aus, an dem es die Sendeanlage von BBC verlässt."

"Es ist überlichtschnelle Kommunikation in interplanetarem Masstab. Das hat bisher noch kein Mensch hinbekommen."

7. Der Mars

Der Mars. Seit Jahrtausenden hatte er die Fantasie der Menschen beflügelt. Ausserirdische waren dort vermutet worden, sein Auftauchen und Verschwinden am Himmel war als gutes oder böses Omen gedeutet worden. Sie hatten Sonden geschickt und ihre mächtigsten Teleskope auf ihn gerichtet.

Am Ende schien er nur ein leerer, öder Felsbrocken zu sein. Unwirtlich und wirtschaftlich bedeutungslos. Eigentlich nur für die Wissenschaft interessant. Viele ambitionierte Projekte mussten wieder aufgegeben werden, weil sie einfach zu teuer waren und sich keine Geldgeber fanden, die viele Milliarden Dollar für eine Sache locker machen konnten, die am Ende wohl nur ihrem Prestige gedient hätte.

Bodenschätze oder eine zweite Heimat für die Menschheit auf dem kleinen Planeten Erde, der ihr schon lange zu eng geworden war, waren nicht zu erwarten.

Sicher, es gab Bodenschätze, aber der Transport zu Erde war zu unrentabel. Ein Reporter hatte gespottet: "Wer von den Reichen wollte schon an so einem unwirtlichen Ort leben? Nur die niedrige Verbrechensrate sprach dafür, sich an diesem Ort niederzulassen!"

Und für die Milliarden Armen, die eine neue Heimat willkommen geheissen hätten, war ein Flug zum Mars schlicht undenkbar. Schon die fünf Astronauten, die sich jetzt seiner Umlaufbahn näherten, wären beinahe nur vier gewesen. 'Jeder von ihnen ist zehn Milliarden Dollar wert!' hatte jemand geschrieben.

Nur für Treibstoff, Vorräte und das zusätzliche Gewicht.

Viele Stimmen hatten nach einem ferngesteuerten Roboter oder mehreren geschrien. Zu gross war das Risiko erschienen. Das finanzielle Risiko, wohlgemerkt.

8. Radio Mars

Am 23.4.2007 hatte der Astronom Jacob Sørensen ein schwaches Signal ausgewertet, aber als Reflexion abgetan. Nur die automatische Aufzeichnung aller Daten durch die Computer hatte es ihm später erlaubt zu beweisen, dass er tatsächlich der erste gewesen war, der es entdeckt hatte.

'Radio Mars' hatte die Öffentlichkeit es genannt.

Ein schwaches Signal vom Mars. Musik. Nachrichtensprecher. Ein Radioprogramm.

Oder, um ganz genau zu sein, das Radioprogramm von BBC Worldwide.

An sich keine Besonderheit. Auch das normale Radioprogramm wurde vom Mond oder anderen Planeten reflektiert. Manchmal waren die Signal ungewöhnlich stark, aber dieses Signal war aus einem anderen Grund so unglaublich interessant gewesen, dass man fast 50 Milliarden Dollar dafür investiert hatte, um Menschen hinzuschicken, die es untersuchen sollten.

Seine Stärke war "einfach-linear" zur Entfernung zum Mars, wie man den Effekt umgangssprachlich getauft hatte. Wenn ein Witzbold auf der Erde das Signal gesendet hätte, dann wäre das Signal mit der Entfernung Erde-Mars schneller schwächer werden müssen, wenn die Distanz wuchs, weil das Signal ja die doppelte Strecke und damit auch die doppelte Änderung der Distanz zurücklegen musste.

Man hatte dagegen gehalten, dass man die Stärke ja nachregeln konnte, um den gleichen Effekt zu erzielen. Viele fruchtlose Diskussionen waren um diesen Punkt geführt worden.

Der andere Effekt war aber nicht von der Hand zu weisen.

'Einsteins Ärger' nannte man ihn im Volksmund.

Und er war der eigentliche Grund, dass man Schluss doch flexible Menschen statt Robotern geschickt hatte.

Das Signal war zu schnell. Egal, wie man es drehte und wendete, es kam einfach zu früh bei der Erde an.

BBC Worldwide hatte eine eigene Sendung daraus gemacht. Zuhörer konnten anrufen und irgendetwas sagen oder singen.

Dann wartete man.

Und exakt wenn das Signal die Distanz Mars-Erde zurückgelegt hatte, hörte man es auch bei Radio Mars. Die einfache Distanz, wohlgemerkt. Auf diese Weise hatte man der breiten Öffentlichkeit bewiesen, dass es sich bei dem Mars-Signal nicht um eine Fälschung handelte.

Irgendwie strahlte der Sender auf dem Mars das Programm im gleichen Augenblick aus, in dem die Signale auch die Sendeantennen von BBC Worldwide verliessen.

Wissenschaftler, Techniker, sogar Geheimdienstleute hatten die Sendeanlagen der BBC auseinander genommen.

Man wusste, dass das Signal irgendwo auf dem europäischen Kontinent empfangen und von dort irgendwie zum Mars transportiert wurde. Messwagen waren den Kontinent abgefahren, hatten den Empfänger aber nicht lokalisieren können.

Jemand musste vor Ort nachsehen.

Auf dem Mars.

Oder genauer: In seiner Umlaufbahn. Da das Signal immer gleich stark war, der Mars der Erde aber nicht immer die gleiche Seite zuwandte, musste jemand einen Sender in der Umlaufbahn stationiert haben.

Wissenschaftler hatten berechnet, dass der Sender über einen Antrieb verfügen musste, weil seine Umlaufbahn auf keinen Fall stabil sein konnte. Er musste sie immer wieder korrigieren.

Sofort hatte man die Frage gestellt: Wieviel Treibstoff hatte der Sender? Was, wenn der Treibstoff alle war, bevor sie den Mars erreicht hatten?

9. Die Mission

Plötzlich war es ein Wettlauf gegen die Zeit geworden. Ein Wettlauf, bei dem keiner wusste, ob sie ihn überhaupt gewinnen konnten.

Schnell war klar gewesen, dass kein Staat der Welt diese Mission alleine hätte durchführen können. Unwillig hatten die politische Probleme den technischen Platz machen müssen.

Denn der öffentliche Druck war enorm. Keiner der reichen Staaten konnte es sich mehr leisten weniger als den vollen Einsatz zu zeigen.

Wieder war der berühmte Satz von Gene Kranz, dem Leiter von Mission Control bei Apollo 13, zum Leitspruch geworden: Scheitern ist keine Option.

Praktisch alle Länder der Welt hatten sich beteiligt. Russland hatte mit seinem Wissen um Metallurgie und robuste Technik das Grundgerüst für das Raumschiff geliefert. Afrika die neuesten Forschungsergebnisse aus seinen Labors, in denen nach einer Lösung für die Hungersnöte auf dem Kontinent gesucht wurde: Pflanzen, die unter extremen Umweltbedingungen überleben konnten, um die Astronauten während des Fluges mit frischer Nahrung zu versorgen.

Europa hatte zusammen mit China viele wissenschaftliche Grundlagen für diesen Flug erarbeitet, wobei China den Schwerpunkt auf die psychologischen Probleme gelegt hatte, die ein so langer Flug für fünf Astronauten auf engstem Raum bedeuten würde und Europa auf die technischen Probleme.

Japan hatte widerstandsfähige Hightechbausteine der letzten Generation geliefert, die beschränkte Selbstheilungsfähigkeiten hatten.

Amerikanische Manager hatten mit ihrer Fähigkeit zu improvisieren alles zu einem Ganzen zusammengefügt.

Drei Jahre hatte es gedauert. Unzählige Rückschläge hatten hingenommen und eine noch viel grössere Zahl an Hindernissen hatte man überwinden müssen.

Dann war ASTRO I fertig. Fast grazil für ein Raumschiff, dass eine so enorme Strecke zurücklegen können musste, hing es in einem Erdorbit neben der ISS, die man stark ausgebaut hatte, um die Astronauten, die Techniker und Spezialisten aufzunehmen, die am ersten echten Fernraumschiff der Menschheit gebaut hatten.

18 Monate würden sie unterwegs sein.

Am Abend vor dem Start hatten alle Fernsehsender auf der Welt den Film "2010 - Das Jahr in dem wir Kontakt aufnehmen" im Programm.

10. Mars Orbit

Mit Hilfe von Laserimpulsen, die man zum Mars geschossen hatte, hatte man ein metallisches Objekt in der Umlaufbahn geortet, welches sich tatsächlich immer auf einer gedachten Linie vom Mittelpunkt des Mars zur Erde befand.

Spektralanalysen hatten ergeben, dass es mit Gold überzogen war. Kritiker hatten sofort gespottet, dass dies die teuerste Expedition aller Zeiten war, um ein paar Kilo Gold zu erbeuten.

Die Musik im Radio brach ab und der Sprecher kündigte eine Sendung der WASA an, der World Aeronautics and Space Association. Zum ersten Mal in der Geschichte des Kommerz hatte der ursprüngliche Inhaber des Namens, eine Firma, die Knäckebrot herstellte, den Namen bereitwillig zur Verfügung gestellt. Im Nachhinein betrachtet eine gute Investition.

"Während ich hier zu ihnen spreche", erklärte John Mirvo, "schwenkt die ASTRO I in den Orbit um den Mars ein. Durch Einsteins Ärger haben wir jetzt die seltsame Situation, dass die Astronauten mich gleichzeitig wie sie hören können, liebe Zuhörer und Zuseher, aber jede Antwort von ihnen hören wir erst in knapp zwei Minuten."

"Nun, Kommandant Tscherkov, wie ist die Lage?"

"Während wir nun auf die Antwort von Tscherkov warten, hier noch ein paar zusätzliche Informationen ...", fuhr John fort und füllte so die Zeit, bis Dimitrii Tscherkovs Antwort eintraf.

"So, ungefähr jetzt müsste es so weit sein", vermutete John und die Welt wartete gespannt, obwohl sie dieses Spielchen während des Fluges schon mehrmals gemacht hatten.

"Es ist keine Veränderung eingetreten, John", berichtete Tscherkov. "Nach wie vor empfangen wir das Signal ohne jede Verzögerung, aber jetzt natürlich in viel besserer Qualität. Es ist irgendwie beruhigend, etwas von der so fernen Heimat so nahe bei sich zu haben."

"In etwa sieben Minuten werden wir den Mars umrundet haben und uns das erste mal dem Alien Orbiter, wie das Objekt getauft worden ist, nähern."

"Dann wünsche ich euch viel Glück!" antwortete John, obwohl Tscherkov jetzt natürlich schon vor zwei Minuten aufgehört hatte zu sprechen.

Während des Fluges, als die Hälfte der Strecke zurückgelegt war, hatten sie vorbereitete, versiegelte Briefumschläge geöffnet und jeder der beiden hatte einen Text mit Pausen vorgelesen. Am Ende hatte es sich für die Zuhörer auf der Erde und im Raumschiff so angehört, als hätten die beiden direkt miteinander gesprochen.

Um die Wartezeit zu überbrücken, fing John an über die Geschichte der Mission zu referieren. Langsam schob sich der Mars zwischen sie und den Alien Orbiter. Wie sie erwartet hatten, wurde John immer leiser, bis sie ihn gar nicht mehr hören konnten. Zum ersten Mal seit 18 Monaten war Radio Mars für sie verstummt.

Marco Tanner, der Pilot aus Europa und Takamasa Nakamura, der zweite Pilot aus Japan, hielten die automatische Steuerung im Auge, mussten aber nicht eingreifen. Der Computer flog das Bremsmanöver fehlerlos.

Dann wurde Radio Mars wieder lauter und insgeheim atmeten alle auf.

Automatische Kameras traten in Aktion und nahmen den Alien Orbiter aufs Korn. Gebannt blickte die Besatzung von ASTRO I auf die Schirme. Ein winzig kleiner Punkt war zu sehen und verschwand wieder.

Aus Sicherheitsgründen hatte man entschieden, mehrmals um den Mars zu kreisen und nur ganz langsam abzubremsen, damit man den Orbit notfalls schnell wieder verlassen konnte. Ausserdem würde man sich nur ganz vorsichtig dem Objekt nähern, denn niemand konnte mit Sicherheit sagen, wie es auf ihre Annäherung reagieren würde.

So bald sie langsam genug waren, würde eine automatische Sonde ausgeschleust werden, damit ASTRO I in einer stabilen Umlaufbahn bleiben konnte und keinen wertvollen Treibstoff dafür verschwenden musste, sich dem Objekt selbst zu nähern. Wenn möglich würde die Sonde versuchen das Objekt zu bergen, denn Analysen aus der Ferne hatten ergeben, dass der Alien Orbiter relativ klein sein musste.

Nach der dritten Umkreisung gab Tscherkov den Befehl die Sonde zu starten. Nakamura leitete den Befehl an den Bordcomputer weiter. Auf dem Sondenmonitor erschienen die Statusmeldungen der Sonde und der Countdown für den Start.

Mit einem gewagten Manöver stürzte sich die Sonde in die obersten Schichten der Marsatmosphäre, um so den grössten Teil ihrer Geschwindigkeit zu verringern. Sie hatte nur wenig Treibstoff bei sich und würde maximal zwei Tage in der Nähe des Alien Orbiters manövrieren können, bevor sie sie auftanken mussten.

'Zumindest, wenn nichts unvorhergesehenes passiert', dachte Tscherkov. Eine seltsame Ruhe hatte von ihm Besitz ergriffen.

Da sie immer für ein paar Minuten den Funkkontakt zur Sonde verlieren würden, arbeitete sie weitgehend automatisch. Die Daten, die sie bisher gesammelt hatte, wurden bei jedem Vorbeiflug in gepackter Form übermittelt und sie konnten dann aus einem Menü die nächste Aktion der Sonde bestimmen, die diese dann selbstständig durchführte.

Beim ersten Vorbeiflug machte sie hochauflösende Aufnahmen, die sofort zur ASTRO I übermittelt wurden, falls das Objekt die Sonde angreifen oder anderweitig beschädigen sollte. Für den Fall, dass die Sonde unerwartet den Kontakt zur ASTRO I verlor, würde der Bordcomputer automatisch ein Fluchtmanöver einleiten.

Während die ASTRO I in den Schatten des Mars flog, betrachteten die Astronauten die ersten Bilder. Alien Orbiter war gleichzeitig eine Sensation und enttäuschend normal. Es handelte sich eindeutig um ein künstlich geschaffenes Objekt, so viel war nun sicher. Seine Form entsprach der einer etwa 20 Meter durchmessenden Parabolantenne.

Es waren keine Antriebsaggregate oder sonstige Anlagen zu erkennen. Alleine die Tatsache, dass sich das Objekt an dieser Position hielt, machte es zu etwas besonderem. Beim nächsten Vorbeiflug würde die Sonde das Objekt einmal komplett umrundet haben.

Dann trat die ASTRO I aus dem Schatten des Mars und näherte sich dem Alien Orbiter erneut.

"Kontakt abgebrochen", meldete unerwartet die wohlmodulierte Stimme des Bordcomputers. "Countdown für Fluchtmanöver: 10 ..."

"9 ..."

"8 ..."

11. Die Sonde

"Kontakt wiederhergestellt."

Erleichtert nahm Tscherkov den Finger vom Unterbrecherkontakt. Es oblag seiner Verantwortung, das Manöver abzubrechen, wenn er keine akute Gefährdung sah und dafür zu sorgen, dass diese Mission ein Erfolg wurde. Auf der anderen Seite durfte er ihr Leben auf keinen Fall gefährden.

Zwar waren sich die Astronauten darüber im klaren, dass jeder Unfall ihren sicheren Tod bedeuten konnte, denn niemand wäre in der Lage ihnen rechtzeitig zu Hilfe zu eilen, aber die psychologischen Auswirkungen auf die Menschheit wären enorm gewesen. Ein vermuteter Angriff von Ausserirdischen auf die ASTRO hätte zu einer Massenpanik nie gekannten Ausmasses führen können.

Atemlos wartete die Besatzung auf die Bilder. Während der Bordcomputer die Bilder zur Erde weiterleitete, berechnete er gleichzeitig ein 3D Modell des Alien Orbiters.

Die Zeit bis zum nächsten Fluchtfenster, welches ihnen eine sichere Rückkehr zur Erde ermöglichte, sprang auf Tscherkovs Monitor auf 9:43. Was auch immer jetzt geschah, sie würden auf das Ende der nächsten Umkreisung warten müssen.

Und schon wieder blinkte das Symbol auf seinem Schirm, welches anzeigte, dass der Kontakt zu Sonde abgebrochen war. Der stille Countdown, der etwa 5 Sekunden dauerte, begann zu zählen. Er diente dazu, damit der Computer sie nicht ständig mit Meldungen in Panik versetzte, nur weil die Sonde sich kurz hinter dem Orbiter befand.

Bei 2 Sekunden stoppte der Timer und der Kontakt war wieder da. Tscherkov runzelte die Stirn und stellte den Timer hoch auf 10 Sekunden. 'Das ist ziemlich viel, um ein so kleines Objekt zu umrunden', dachte er leicht beunruhigt.

Niemand achtete in diesem Moment auf Radio Mars, wo die ersten Bilder begeistert besprochen wurden. In zwei Minuten würde man auch auf der Erde die 3D Daten zur Verfügung haben.

"Ein völlig normaler Aufbau", sagte Mike Hunter, der Technikspezialist etwas enttäuscht. Natürlich hatten alle auf ein ausserirdisches Raumschiff gehofft oder eine Raumstation oder etwas in der Art.

"Wie ist der Sender befestigt? Ich kann nichts erkennen", fragte der Arzt und Psychologe Yang Qiu<Ausgesprochen: Jang Tschü>.

Tatsächlich schien die Sendeanlage unbefestigt über der Schüssel zu schweben.

"Dünne Drähte?" schlug Nakamura vor.

"Ich kann selbst bei höchster Auflösung nichts erkennen. Sie müssten dann viel dünner als 1mm sein, sonst müsste man zumindest Reflexe des Sonnenlichts darauf erkennen können. Und so dünne Drähte müssten unglaublich stabil sein, um die Sendeanlage zu halten."

"Eine durchsichtige Aufhängung?"

"Wäre möglich. Würde vielleicht sogar Sinn machen. Dann würde das Funksignal nicht durch die Aufhängung gestört."

Dann waren sie erneut um den Mars herum. Inzwischen hatte die Sonde das Objekt mehrmals umrundet und immer mehr Bilder gemacht. Mit Hilfe von Interferenzverfahren erhöhte der Computer die Genauigkeit des 3D Modells.

"Es scheint tatsächlich keine Aufhängung zu geben", wunderte Hunter sich schliesslich.

"Wie kommst Du darauf?"

"Es gibt keine entsprechenden Anschlüsse an dem Sender selbst. Selbst wenn es nur ganz dünne Drähte oder ein durchsichtiges Material wäre, es müsste irgendwo an dem Diskus Stellen geben, wo sie befestigt sind."

Hunter hatte Recht; die Parabolantenne hatte überall eine gleichmässig glatte Oberfläche.

"Wie bleibt er dann in Position?" fragte Tanner.

"Vielleicht Magnetisch?" mutmasste Qiu.

"Würde das das Funksignal nicht beeinträchtigen?" wunderte sich Nakamuro.

"Keine Spuren", murmelte Hunter abwesend.

"Was meinst Du?" erkundigte sich Tscherkov.

"Die Oberfläche ist aus purem, weichen Gold, aber trotzdem sind keine Kratzspuren darauf zu finden. Das Ding sieht noch immer aus wie neu, obwohl es jetzt schon seit Jahren hier hängt. Kosmischer Staub und Micrometeoriten müssten ihre Spuren hinterlassen haben."

"Vielleicht an anderes Material, dass nur so ähnlich aussieht, wie Gold?"

"Laut Spektralanalyse ist es reines Gold", widersprach Nakamuro, "aber mit ein paar sehr seltsamen Absorptionslinien am oberen Ende des Spektrums. In den Kurven sind nicht einmal Spuren von irgend etwas anderem zu finden. Die Oberfläche scheint wirklich frei von Staub zu sein."

Tscherkov hatte sich währenddessen die Aufzeichnung der Kontaktausfälle mit der Sonde angesehen. Mit einem kleinen Programm liess er berechnen, wie gross ein Objekt sein müsste, damit der Kontakt der Sonde so lange unterbrochen war.

"Es ist viel grösser, als es aussieht!" rief er. "Fast 250 Meter!"

12. Alien Orbiter

Kurz erklärte er den anderen, was er herausgefunden hatte.

"Mal sehen, ich schreibe schnell ein Programm für die Sonde, dann können wir die Theorie bei der nächsten Umrundung testen", schlug Hunter vor.

Bei der nächsten Runde wurde das Programm übertragen und beim darauf folgenden Vorbeiflug führte sie es aus. Auf einem Monitor der ASTRO I wurde die Flugbahn angezeigt.

"Die Eigenbewegung der ASTRO ist bereits herausgerechnet. Wo die Bahn grün ist, da haben wir Kontakt und wo sie Rot ist, da ist er unterbrochen", erklärte Hunter.

"Ein Haus?" fragte Tscherkov amüsiert, als er die Form erkannte.

"War das erste, was mir einfiel", antwortete Hunter grinsend, "und deckt das Suchgebiet gut ab."

Er tippte an seinem Terminal. "Man kann sehr gut einen Kreis durch die Endpunkte der roten Teilstücke legen. Er hätte einen Durchmesser von etwa 247,3 Metern."

"Vielleicht ein getarntes Raumschiff?"

"Schwer zu sagen; wie sehen von hier aus eigentlich nur einen Schattenriss. Der Alien Orbiter liegt zumindest ziemlich genau im Zentrum des Kreises. Ich würde vermuten, dass er exakt im Zentrum liegt, aber dazu müsste ich genauer messen können."

"Wie sieht die bisherige Flugbahn der Sonde aus?"

Ein Gewirr von Linien kam hinzu. "Was ist die geringste Abstand der Sonde zum Objekt gewesen?"

"Etwa 400 Meter", gab Hunter an.

Das Objekt schien sie zu ignorieren. Keine Waffentürme oder überhaupt irgendwelche Öffnungen waren zu sehen.

"Kannst Du ein Programm schreiben, damit die Sonde diese Grenzschicht abtastet?"

"Mit dem Greifarm wie ein Blinder?" fragte Hunter zurück.

"Ja", bestätigte Tscherkov.

"Hm", machte Hunter, "das würde eine Weile gehen. Vielleicht einen ganzen Tag?"

"Auf manchen Frequenzen kann man es im Spektrometer sehen!" rief Nakamura da.

Alle blickten aus seinen Monitor, wo eine Spektralanalyse des Sternenhimmels zu sehen war. In der Mitte war ein schwarzer Kreis ausgestanzt.

"Es ist eine Kugel, ziemlich genau 247,27 Meter im Durchmesser. Die Sendestation liegt fast exakt im Mittelpunkt", berichtete er.

"Eine Art Glas vielleicht?"

"Das ganze Ding eingegossen in eine 250m grosse Glaskugel?"

"Warum nicht?"

"Dann würde man Staub an der Oberfläche der Kugel sehen", widersprach Hunter. "Ausserdem gibt es nirgendwo Effekte der Lichtbeugung oder Reflexion. Die Frequenzen, die Nakamura gefunden hat, werden einfach restlos verschluckt."

Beeindruckt blickten die Astronauten auf das Objekt.

"Ein Schirmfeld", kommentierte Hunter.

Tscherkov sandte einen kurzen Bericht zur Erde. Er schlug vor, weiterzumachen und zu versuchen, sich dem Objekt wie geplant mit der Sonde weiter zu nähern.

Da man sonst nicht viel tun konnte, wurde sein Vorschlag von der Missionsleitung angenommen. Er wurde nur angewiesen, weiterhin in einem weiten Orbit um den Mars zu kreisen, damit er jederzeit den Rückzug antreten konnte.

Mit ein paar Metern pro Sekunde näherte sich die Sonde dem Objekt. Um es nicht irgendwie zu einer Reaktion zu veranlassen, hatte man die Sonde so programmiert, dass sie ohne entsprechenden Befehle niemals direkt auf das Objekt zusteuerte, sondern immer in einem deutliche Abstand davon agierte.

Auch jetzt flog sie einen Kurs, der sie am Alien Orbiter vorbei führen würde, aber so nahe, dass sie auf das unsichtbare Feld treffen musste. Je näher sie dem Punkt kam, wo das Feld vermutet wurde, desto langsamer wurde sie.

Schliesslich stoppte sie etwa einen halben Meter vor dem Feld und streckte ihren Greifarm aus.

Bevor er voll ausgefahren war, stiess die Sonde auf Widerstand.

Sofort brach der Kontakt ab.

Kurze Zeit später meldete der kleine Computer an Bord der Sonde, dass es eine Kollision gegeben habe. Er habe seine Fluglage wieder stabilisiert und ein Systemtest habe keine Schäden ergeben.

Aufgeregt lud Hunter die Flugdaten herunter.

Während sie wieder hinter dem Mars verschwanden, tanzten seine Finger über die Tastatur.

Er brauchte fast drei Umrundungen, bis er mit dem Ergebnis zufrieden war.

"Also", sagte er gedehnt, während die anderen ihn gespannt ansahen.

"Das Schirmfeld gibt es wirklich. Es ist da, wo wir es vermutet haben. Der Greifarm konnte es nicht durchdringen."

"Und ...", sagte er genüsslich, während die Spannung immer weiter stieg, "er nimmt keinen Impuls auf! Die Sonde hat den vollen Rückstoss abbekommen, als ihr Arm auf das Feld traf. Also hat es einen Antrieb, auch wenn nichts in der Art zu erkennen ist."

"Es muss schliesslich dem Aufschlag eines Meteoriten überstehen", mutmasste Tanner.

"Das ist nicht gesagt. Aber das ist nun, nach diesem Ergebnis, sehr wahrscheinlich."

"Damit haben wir ein Problem", warf Tscherkov ein. "Wie sollen wir etwas so grosses bergen?"

Während ihr Computer vorbereitete Grussbotschaften an den Alien Orbiter sandte, machte sich ein wenig Enttäuschung unter der Besatzung breit. Wie alle anderen hoffte Tscherkov, dass es ich dabei nicht um den schlechten Scherz einer irdischen oder ausserirdischen Macht handelte.

Als das Objekt nach einer halben Stunde immer noch keine Anstalten zeigte irgendetwas zu tun, als BBC Worldwide zur Erde zurückzuschicken, wandte sich die Mannschaft missmutig ihren wissenschaftlichen Aufgaben zu. Sie hatten zusätzlich zu ihrer eigentlichen Mission auch Aufgaben von Wissenschaftlern aus aller Welt bekommen, für genau den Fall, der jetzt eingetreten war.

Hunter und Nakamura hatten dabei noch die angenehmste Aufgabe. Sie mussten die vielen möglichen Frequenzbänder nach weiteren Botschaften untersuchen. Schliesslich musste der Alien Orbiter das Radioprogramm ja auch irgendwie empfangen.

Der Rest der Mannschaft wandte sich dem Mars zu.

Auf der Erde hatte John Mirvo inzwischen mit Millionen von enttäuschten Zuhörern zu kämpfen. Aber da niemand bei der Missionsleitung mit einem schnellen Erfolg gerechnet hatte, war man zumindest darauf vorbereitet.

Wissenschaftliche Kreise dagegen hatten sich sofort auf den vermuteten Schutzschirm gestürzt. Überall auf der Welt wurden die Auswertungen von Nakamuras Spektralanalyse heruntergeladen und genauer untersucht. In ein paar Stunden würden die ersten Teams Vorschläge unterbreiten, wie man das Feld genauer untersuchen könnte.

Nachdem die Astronauten eine Nacht geschlafen hatten, fanden sie am nächsten Morgen neue Anweisungen vor.

13. Auf dem Mars

"Wir sollen es mit der ASTRO aus der Bahn schubsen?" fragte Tanner ungläubig.

"Das ist es, worauf es im Endeffekt hinausläuft", bestätigte Tscherkov.

"Beruhige Dich wieder", antwortete Hunter, "es ist ja nur ein Vorschlag."

"Toller Vorschlag", sagte Tanner aufgebracht. "Da haben wir die Gelegenheit endlich Kontakt zu einer anderen Zivilisation herzustellen, noch dazu einer friedlichen, und das erste, was wir machen sollen, ist sie zu bombardieren. Das hier ist ein Raumschiff, kein Rammbock!"

"Der Vorschlag mit der PET-Flasche ist ganz brauchbar", warf Qiu beruhigend ein.

"Na, ich weiss nicht so recht", gab Nakamura zu bedenken, "ich wäre nicht begeistert, wenn mir jemand eine PET-Flasche mit 400 km/h an mein Haus werfen würde."

"Wir haben die ganze Nacht versucht, den Orbiter zu irgendeiner Reaktion zu veranlassen. Bisher ignoriert er uns. Die Idee eine PET-Flasche mit Wasser zu füllen und gegen den Schirm zu werfen, ist gar nicht so schlecht", sagte Tscherkov. "Wie Tanner bin ich dagegen, irgendetwas zu tun, was die ASTRO gefährden könnte, aber wenn es die da draussen stört, dass die Flasche gegen den Schild donnert, dann müssen sie ihn nur abschalten und sie wird ohne weiteren Schaden anzurichten vorbeifliegen und in der Marsatmosphäre verglühen."

"Trotzdem hat Nakamuras Einwand etwas für sich", schloss Hunter sich ihm an. "Wir sollten das vielleicht erst tun, wenn wir unsere Experimente auf der Marsoberfläche beendet haben und uns sowieso auf den Rückweg machen."

"Eine Landung auf dem Mars steht noch gar nicht zu Diskussion", wehrte Tscherkov ab.

"Wir sollten sie aber auf alle Fälle ins Auge fassen", sagte Hunter und drückte eine Taste. Radio Mars verstummte. Er drückte eine andere Taste und Radio Mars erklang wieder, nur viel leiser.

"Hat der automatische Frequenzscanner heute Nacht gefunden", sagte er triumphierend und lies eine Karte vom Mars auf dem Schirm erscheinen. Ein Punkt war markiert. "Es kommt von dort", fuhr er genüsslich fort und tippte mit seinem Stift auf die Karte.

"Wir könnten sogar auf der gleichen Frequenz senden", liess er die nächste Bombe platzen.

Man kam überein, die BBC zu bitten, ihr Programm für 30 Sekunden zu unterbrechen.

John auf der Erde erklärte den Zuhörern, was sie vor hatten.

"Und damit gebe ich das Mikrofon quasi weiter an Kommandant Tscherkov auf dem Mars."

"Liebe Zuhörer, hier spricht Kommandant Tscherkov. Wenn sie diese Botschaft erhalten, dann haben wir wahrscheinlich einen ausserirdischen Stützpunkt auf dem Mars entdeckt", sagte Tscherkov ins sein Mikrofon.

"So, meine sehr verehrten Zuhörer, jetzt müssen wir nur noch zwei Minuten warten, bis die Botschaft von Kommandant Tscherkov hier ankommt", fuhr John nach ein paar Sekunden auf der Erde fort. "Während wir warten, etwas Musik."

Tscherkov hatte seine Antwort schneller. Hunter zeigte den nach oben gestreckten Daumen. "Alien Orbiter hat dich gesendet."

Nach einer kurzen Rücksprache mit der Missionsleitung war damit der nächste Schritt klar: Landung auf dem Mars.

Glücklicherweise hatten die Pfennigfuchser, die auf einen Verzicht der Landefähigkeit der ASTRO I gepocht hatten, keine Mehrheit gefunden. Viele Wissenschaftler hatten argumentiert, dass wenn Alien Orbiter sich als eine Täuschung herausstellen sollte, dann sollte man wenigstens auf dem Mars landen können, um so zumindest noch einen wissenschaftlichen Nutzen aus der Mission ziehen zu können.

Fantasten hatten darauf hingewiesen, dass Alien Orbiter auch eine Art Tor zu den Sternen sein könnte und es wäre doch enorm Schade, wenn die Menschheit eine fremde Zivilisation sehen, aber nicht besuchen könnte, falls man dazu landen müsste.

Am Ende war eine Art Raumgleiter herausgekommen, wie man sie auch eingesetzt hatte, um die Bauteile für die ASTRO I in den Erdorbit zu bringen. Man hatte sogar argumentiert, dass man die ASTRO I selbst auf diese Weise in den Orbit bringen sollte, statt sie in Einzelteilen nach oben zu schaffen.

Aber dazu hätte die ASTRO I sowohl in der viel dichteren irdischen Atmosphäre als auch unter marsianischen Bedingungen operieren können müssen und die Planer hatten diese Idee aus Kostengründen bald aufgegeben.

Da man sich jetzt entschieden hatte zu landen, führten die Astronauten die restlichen Experimente durch, die für die Marsumlaufbahn vorgesehen waren, damit man beim Rückflug einige nochmals leicht modifiziert durchführen konnte, wenn die Wissenschaftler auf der Erde die Daten ausgewertet hatten und ihnen noch etwas einfiel, was sie gerne probiert hätten.

Dann begann das lange Bremsmanöver. Zuerst koppelte die ASTRO I von ihren Treibstofftanks ab, damit man keinen Treibstoff dafür verschwenden musste, um die schweren Tanks für den Rückflug abzubremsen. Die ASTRO würde alleine abbremsen und dann in die Marsatmosphäre eintauchen.

Wie üblich bei allen gefährlichen Manövern, zogen die Astronauten wieder ihre Schutzkleidung an. Mit einem leisen Rumoren lösten sich die Verankerungen des Fernantriebs, die Bremsdüsen zündeten ein weiteres Mal und der Abstieg in die Marsatmosphäre begann.

Als sie schliesslich ihren niedrigen Orbit erreicht hatten, wurde auch die Sonde zurückgerufen. Mit minimalem Treibstoffeinsatz glich sie ihren Orbit an und koppelte wieder mit dem Mutterschiff.

Tanners Hände lagen locker auf der Steuerung, aber der Computer brachte sie sicher durch die von heftigen Stürmen durchzogene Marsatmosphäre nach unten.

"Wir nähern uns dem Ziel", sagte Nakamura lakonisch, obwohl es alle auf ihren Monitoren sehen konnten.

Da sie im normalen Flug nur wenig Treibstoff verbrauchten, würden sie das Zielgebiet mehrmals überfliegen, bis sie eine Landebahn gefunden hatten.

Plötzlich lachte Hunter auf. "Seht euch das an!" rief er, "Aussenkamera 3!"

Kamera 3 hatte eine gerade, helle Linie im eintönigen Rot des Marssandes eingefangen. Hunter hatte die automatische Zielnachführung aktiviert und die Kamera behielt die Linie nun von alleine im Blick.

"Das ist unser Ziel", bestätigte Tanner, "oder zumindest nahe dran."

Er flog direkt auf die Linie zu, die rasch breiter wurde.

"Da ist noch etwas", sagte Qiu.

"Ich sehe es", antwortete Hunter und richtete eine weitere Kamera auf das Zielgebiet. Dann zoomte er heran.

"Haus mit Rasen und Swimmingpool", sagte er mehr im Scherz zu dem kleinen, undeutlichen Fleck nahe der Linie.

Sie kamen rasch näher und überflogen die Linie mit Mach 2.

"Stimmt", sagte Tscherkov verblüfft. Das Haus war eine Art Iglu mit schmalen, langgezogenen Fenstern, aber das Grün davor sah frappierend nach Rasen aus und ein blaues Rechteck erinnerte wirklich an einen Swimmingpool. Die Linie schien eine Landebahn zu sein.

Das Ganze befand sich in der Mitte einer grossen, flachen Ebene. Die Ebene war nahe beim Äquator, was ihnen helfen würde, beim Start Treibstoff zu sparen. Die Ebene war erfreulicherweise topfeben und sie konnten nur wenige Steine und Spalten ausmachen.

"Ein idealer Ort zum Landen", sagte Tanner.

"Naja", machte Hunter etwas abfällig, "wo bitteschön ist die Landebefeuerung?"

Sie lachten.

Tanner drehte ein paar Runden über dem Marshaus und blickte dann Tscherkov fragend an.

"Landen", befahl der Kommandant.

14. Erklärungen

Müde sank John ins Bett. Nach drei Tagen immer noch kein Lebenszeichen von ASTRO I. Die Experten, die nicht müde wurden, zu erklären, warum die Besatzung immer noch am Leben sein konnte, gaben sich die Klinke in die Hand.

Als der Kontakt so plötzlich abgebrochen war, war man betroffen gewesen, aber optimistisch. Man hatte so viele Rückschläge während der vergangenen drei Jahre überlebt, da konnte so kurz vor dem Ziel doch nichts mehr schief gehen.

Dann hatte die Teil von der ASTRO I, der im Orbit zurückgeblieben war, das Zielgebiet wieder überflogen und automatisch Bilder gemacht. Eine grosse Rauchfahne war zu sehen gewesen.

Nach drei Umkreisungen hatte der Wind die Rauchfahne verweht und seitdem schwankte die Menschheit zwischen Hoffen und Bangen.

Er löschte das Licht und schloss die Augen.

Da klingelte das Telefon.

John stöhnte auf. Auf der anderen Seite wussten nur Leute seine Nummer, die ihn zu diesem Zeitpunkt nicht mit irgendwelchen Lapalien stören würden. Oder es waren wieder Reporter. Oder er man hatte endlich ein Lebenszeichen.

Er nahm ab. "Ja?" fragte er müde.

Schweigen am anderen Ende der Leitung. Dann fragte eine missmutige Stimme, die John nicht sofort zuordnen konnte: "Wer spricht da?"

Dann kam sein erschöpftes Hirn wieder auf Touren. "Nicht auflegen!" schrie er, "um Himmelswillen nicht auflegen!"

"John?" fragte die Stimme von Mike Hunter. "Bist Du das?"

15. Landung mit Hindernissen

Nach einer Ewigkeit kam die ASTRO I zur Ruhe.

"Tscherkov. Wer hört mich?" fragte Tscherkov über Funk.

"Qiu."

"Tanner."

"Nakamura."

"Hunter?" fragte Tscherkov. Keine Antwort.

"Status?"

"Kleiner Riss in der äusseren Hülle, konnte von der Automatik abgedichtet werden. Lebenserhaltung ist stabil. Zentrale ist dicht. Informationen über die komplexeren Systeme in einer Stunde", antwortete Tanner knapp.

"Kommandant?" fragte Qiu, der zum Platz von Hunter gekrochen war.

"Wie geht es ihm?" fragte Tscherkov.

Qiu suchte nach Worten. "Sie sollten sich das selbst ansehen", sagte er dann mit einem seltsamen Unterton.

Tscherkov runzelte die Stirn, löste die Sicherheitsgurte und dann sich aus dem passgenauen Schalensitz. Die geringe Schwerkraft auf dem Mars hätte ihn bei seinen Bewegungen wenig Probleme bereiten sollen, aber nach der langen Schwerelosigkeit war es trotzdem sehr anstrengend sich zu bewegen, Schwerkrafttraining hin oder her.

Umständlich kletterte an den teilweise durchsichtigen Schutzplanen entlang, die im Falle eines Unfalls jedem Mitglied der Crew optimale Überlebenschancen geben sollten, indem sie kleine, umherfliegende Trümmerteile auffingen.

Er konnte schnell sehen, dass Hunters Schalensitz leer war. 'Hat die Wucht es Aufpralls ihn aus dem Sitz geschleudert?' fragte er sich. Dann hatte er eine Position erreicht, von der aus er den gesamten Arbeitsbereich von Hunter überblicken konnte.

Da war überall viel Blut.

Nur Hunter selbst fehlte.

16. Das Haus auf dem Mars

Er wachte auf und fühlte sich schlecht, wie nach einer durchzechten Nacht. Er stöhnte und presste die Hände auf die Augen.

Eigenartigerweise hatte er keine Kopfschmerzen. 'Haben wir gestern gefeiert? Oder zu lange trainiert?' fragte er sich träge. Es fiel ihm schwer sich zu bewegen.

Etwas hatte ihn geweckt. 'Was ...?' dachte er. 'Oh. Mist. Telefon.'

Am liebsten wäre er liegen geblieben, aber sicher war es wichtig. Man würde ihn nicht wegen einer Lapalie mitten in der Nacht aus dem Bett reissen. Wenn es denn überhaupt Nacht war. Er hatte sein Zeitgefühl verloren. 'Wo bin ich überhaupt?'

Er versuchte sich zu erinnern, aber es fiel ihm schwer. Er hatte einen verrückten Traum gehabt. Sie waren zum Mars geflogen. Er kicherte. 'Irgendwann mal, ja. Wenn das Training abgeschlossen war.'

Ungerührt klingelte das Telefon. Er fluchte. 'Vielleicht habe ich den Wecker nicht gehört und Tscherkov versucht mich zu erreichen, bevor er mein Fehlen nicht mehr vertuschen kann', dachte Hunter und wälzte sich herum.

Seine Hand tastete nach dem Nachtkästchen mit der Lampe darauf, aber da war keine. Nur ein klingelndes Telefon. 'Was zur Hölle haben sie mit meiner Lampe gemacht?' dachte Hunter erbost und vermutet, dass Tanner oder einer von den Technikern ihm mal wieder einen Streich spielte.

Er nahm ab und das Geräusch hörte endlich auf. Schläfrig hielt er den Hörer ans Ohr.

"Bitte warten sie", sagte eine freundliche, weibliche Stimme. "Der gewünschte Gesprächsteilnehmer wird gerufen."

'Rückruf', dachte Hunter säuerlich. 'Entweder wirklich ein Streich oder jemand hat versucht mich zu erreichen und es dann aufgegeben, weil ich nicht rangegangen bin.'

"Ja?" fragte eine müde Stimme am anderen Ende.

Beinahe hätte John den Hörer auf die Gabel geknallt, so wütend war er. Aber wahrscheinlich war der andere ein Opfer des gleichen Streiches, wie er.

"Wer spricht da?" fragte er.

Pause auf der anderen Seite. Dann: "Nicht auflegen! Um Himmelswillen nicht auflegen!"

Die Stimme kam Hunter bekannt vor, aber er kam nicht gleich drauf. "John?" fragte er, "bist Du das?"

"Mike! Wo steckst Du?"

"Was ist los?" fragte Hunter nun leicht beunruhigt, "ist die Welt untergegangen? Was rufst Du mich mitten in der Nacht an?"

"Wo bist Du?" fragte Mike zurück.

"Im Trainingslager", antwortete Hunter überrascht. 'Da bin ich doch, oder?'

"Was ist das letzte, an das Du Dich erinnerst?"

"Was? Wieso?"

"Was ist das letzte, an das Du Dich erinnerst?" fragte John erneut. Es klang so, als sei es ihm ernst.

"Keine Ahnung. Ich fühle mich irgendwie nicht so gut. Vielleicht sollte ich einen Arzt rufen", sagte John unbehaglich.

"Nicht auflegen!" schrie John in die Muschel.

"Au!! Schrei nicht so! Okokok, ich leg nicht auf. Was ist los, verdammt noch mal? Haben die Russen angegriffen?"

"Was ist ...", fing John schon wieder an.

"Jaja, okok, ist schon gut", gab Hunter nach, "ich weiss nicht."

Als ob jemand einen Schalter umgelegt hätte kehrte die Erinnerung zurück.

"Mars", sagte er, "ich bin auf dem Mars. Oder?"

"Also", sagte John, "entweder hat jemand die grösste Täuschung seit Mission Capricorn durchgezogen oder Du bist wirklich auf dem Mars."

"Wo bist Du?" fragte Hunter.

"London."

"Also entweder bin ich nicht auf dem Mars", dachte Hunter laut, "oder ..."

"Einsteins Ärger."

Hunter kicherte.

"Was ist?"

"Was mache ich, wenn gleich jemand kommt und mir 'ne Telefonrechnung präsentiert?" gluckste er.

"Wenigstens einer, der seinen Humor nicht verloren hat", sagte John aber auch nicht mehr ganz ernst.

Hektisch überlegte er, was er nun tun sollte. "Was ist mit den anderen?"

"Keine Ahnung. Das letzte, woran ich mich erinnere, ist, dass wir eine Art Haus überflogen haben", berichtete Hunter.

"Wir haben es gesehen, bevor die Verbindung abgerissen ist. Von hier aus sah es so aus, als wärt ihr abgestürzt", fügte John ein Puzzleteilchen hinzu, während er nach seinem Handy kramte. Er wagte es nicht Hunter auf die Warteposition der Hoteltelefonanlange zu drücken, um eine Konferenzschaltung zu versuchen. Zu gross war seine Angst, einen Fehler zu machen und John zu verlieren.

"Wie lange ist das jetzt her?"

"Drei Tage."

"Dann muss wohl noch jemand ausser mir überlebt haben", sagte Hunter erleichtert. "Wie sonst sollte ich hier in dieses Bett gekommen sein?"

"Warum rede ich dann mit jemandem, der keine Ahnung hat, was passiert ist? Wieso hat Tscherkov mich nicht schon vor Tagen angerufen oder ist jetzt zumindest bei dir?" fragte John zurück.

"Hmmm", machte Hunter unsicher, "ich kann nichts sehen, der Raum hier ist völlig dunkel. Moment."

Er nahm den Hörer vom Ohr und rief: "Computer! Licht!" Sofort glomm Licht auf, bis der Raum hell erleuchtet war.

"OK, ich kann noch etwas sehen", berichtete er John erleichtert. "Der Raum ist völlig kahl. Nur ein Bett mit einem schnurlosen Telefon daneben."

John hatte inzwischen sein Handy gefunden und die Notfallnummer von Harry Coven gewählt, dem Missionsleiter. Ungeduldig wartete er darauf, dass Harry abnahm.

"John! Was gibt es?" fragte Harry.

"Harry! Ich habe gerade Mike Hunter am Apparat!" rief John aufgeregt in das Handy.

"John, geht es Dir gut?" fragte Harry besorgt.

"Mike, sag Harry was!" sagte John und hielt die beiden Apparate aneinander.

"Hallo Harry", rief Hunter locker, "John sagte, ihr hättet euch Sorgen um uns gemacht."

Das musste Harry erst einmal verdauen.

"Das ist jetzt kein Scherz, oder?" fragte er vorsichtig.

"Wenn es einer ist, dann treibt ihn jemand mit mir", antwortete Hunter, dem es zunehmend besser ging. "Ich schau mich mal ein wenig um."

"Nicht auflegen!" rief Harry.

"Mutter hat keinen Trottel grossgezogen. Das ist ein Mobiltelefon." Hunter schwieg kurz. "Marke Philips. Genau so eines habe ich auch Zuhause. Das fängt an zu piepen, wenn es den Kontakt verliert."

"John?"

"Bin noch da", antwortete John, während er die Telefone nebeneinander auf sein Kopfkissen legte und die Lautstärke der Hörer auf Maximum stellte.

"Ich hole alle anderen in eine Konferenzschaltung und rufe Dich dann zurück", entschied Harry. "Wo bist Du im Moment?"

"Im Hilton in London."

Harry überlegte einen Moment. "Ich frage mich, ob es eine gute Idee wäre, zu versuchen, den Anruf zurückzuverfolgen."

John blickte auf das Display seines Hoteltelefons. "Das habe ich mich auch schon gefragt. Auf dem Display wird zumindest keine Nummer angezeigt."

"Hm", machte Harry. "Ich melde mich gleich wieder."

"OK, bis gleich."

"Ein Gang mit 9 Türen", berichtete Hunter. "Kahl, indirekt erleuchtet. Könnte in jedem x-beliebigen Wohnhaus auf der Erde sein. Keine Fenster. Eine Tür scheint zu einem Aufzug zu führen."

17. Schadensmeldungen

"Was ist mit ihm?" fragte Nakamura, während er Tanner half, mit dem Bordcomputer eine Liste der Schäden zu erstellen. Das wäre eigentlich Hunters Aufgabe gewesen, aber Tanner hatte das gleiche Training genossen. Jeder von ihnen konnte ein anderes Teammitglied ersetzen.

Tscherkovs erste Idee war, dass Hunter versucht haben könnte, seinen Arbeitsbereich zu verlassen, aber auf dem schmalen Mittelgang klebte kein Blut. Es war unvorstellbar, aber Hunter hatte sich in Luft aufgelöst.

"Er ist nicht mehr an Bord", antwortete Tscherkov.

Tanner und Nakamura stellten ihre Arbeit ein und verrenkten sich den Hals, um zu sehen, was da los war. Tscherkov untersuchte währendessen das Display an Hunters Arbeitsplatz, welches aus irgendeinem Grund zerbrochen war. Ein Stück schien zu fehlen, aber vielleicht war es auch nur in eine Ritze gefallen.

Inzwischen hatte Qiu den Bordcomputer über ein funktionierendes Terminal abgefragt. "Die Schleuse zur Zentrale wurde seit dem Abstieg aus dem Orbit nicht mehr geöffnet," berichtete er den anderen.

Tscherkov klopfte die Schutzplanen ab, falls eine einen Riss haben sollte, konnte aber nichts finden. Schliesslich gab er auf und zuckte mit den Schultern. "Wir werden das Rätsel jetzt nicht lösen können", entschied er.

Zusammen mit Qiu begann er nach den Anweisungen von Tanner und Nakamura die ASTRO I zu untersuchen, um Schäden, die der Bordcomputer gemeldet hatte aber nicht genauer spezifizieren konnte, zu untersuchen.

Nach einer Stunde trafen sie sich wieder in der Zentrale. Da die Hülle dicht zu halten schien, hatten sie die Schutzplanen eingerollt und die Helme der Raumanzüge abgenommen, um die kleinen LSUs<Life Support Unit - Lebenserhaltungssystem> der Raumanzüge zu schonen.

"Die Ursache für den Absturz", berichtete Tanner ruhig, "war ein Ausfall von Triebwerk 1. Der Computer hat zwar sofort Leistung von Triebwerk 2 zurückgenommen und die ASTRO sofort neu ausgetrimmt, aber wir waren zu nahe am Boden und ein Flügel muss kurz Bodenkontakt gehabt haben. Als Folge fing die ASTRO an unkontrolliert zu rotieren."

"Der Computer hat sein möglichstes getan, konnte aber nicht mehr verhindern, dass wir umkippten. Glücklicherweise waren wir schon sehr nahe am Boden. Daher sind die Schäden am Schiff selbst gering. Im Prinzip ist es eine Menge Kleinkram."

Dann ging er ausführlich auf die einzelnen Schäden ein, wie wichtig sie für sie waren und ob sie mit Bordmitteln zu beheben waren. Einige wissenschaftliche Experimente waren zu Bruch gegangen und man würde sehen müssen, ob man sie wiederherstellen konnte.

"Als einziges lebenswichtiges System funktioniert der Funk nicht. Eine Selbstdiagnose hat keinen Fehler erbracht und über die noch funktionierende Aussenkamera 2 habe ich sehen können, dass zumindest noch eine Antenne auf unsere Hülle unbeschädigt aussieht. Trotzdem bekomme ich im Moment keinen Kontakt zu unserem Modul im Orbit."

"Radio Mars?"

"Bekomme ich im Moment ebenfalls nicht. Es könnte aber sein, dass wir einfach in einem Funkloch liegen. Wenn das Signal über eine Richtfunkantenne zum Alien Orbiter geschickt wird, dann wäre es nicht verwunderlich, wenn wir nichts mitbekommen."

"Ausserdem ist das Fahrwerk beschädigt, aber ohne dass jemand aussteigt, kann ich nicht sagen, wie gross der Schaden ist."

"Unsere aktuelle Position?"

"Laut Trägheitsnavigation sind wir etwa 1km von dem entdeckten Haus entfernt."

Tscherkov überlegte ihre Optionen. "Funk hat die höchste Priorität. Und jemand muss die ASTRO I von aussen in Augenschein nehmen. Falls möglich, möchte ich die ASTRO in die Nähe des Hauses verlegen."

18. Bericht Hunter

"Die Türe hat sich von alleine geöffnet, als ich mich genähert habe. Bin noch etwas wackelig auf den Beinen, habe aber keine Schmerzen. Ich werte das als gutes Zeichen."

Mitten im Gang blieb er stehen und lauschte. "Kein Geräusch ist zu hören, die Luft riecht rein und frisch. Das Gebäude mache den Eindruck, als sei es frisch erbaut oder zumindest noch nie vorher bewohnt worden."

Er ging von Tür zu Tür. "Manche öffnen sich, andere bleiben mir verschlossen. Hinter den Türen, die ich öffnen kann, ist ein leerer Raum mit einem Bett, wie der, in dem ich aufgewacht bin."

"Ich rufe jetzt den Aufzug." Nach kurzer Zeit öffneten sich die Türen. Dahinter war eine normale Kabine. "Sieht normal aus. 18 Stockwerke. Wenn dies das Marshaus ist, dann muss es grösstenteils unterirdisch angelegt sein."

"Macht doch Sinn, oder?" fragte John, der nebenbei versuchte, die anderen Mitglieder der Missionsleitung auf den aktuellen Stand zu bringen.

"Laut Anzeige bin ich im Stockwerk 7. Ich fahre einen Stock hoch. Falls der Kontakt abbricht, habe ich etwa 30s um zurückzufahren. Das sollte reichen."

Die Anzeige sprang auf 6 und die Türen öffneten sich wieder. "Noch alle da?"

"Ja", antwortete John erleichtert.

"Na dann, wer nicht wagt, der nicht gewinnt", sagte Hunter und drückte die Taste mit der Zahl 1, die ganz oben zu finden war.

"Papierwaren, Süssigkeiten, Sonderangebote", scherzte er, als der Aufzug wieder hielt.

"Bring mir eine Financial Times mit", antwortete John säuerlich.

"WASA Aufsichtsrat unter Druck", murmelte Hunter.

"Was?" schrie John, "du hast da eine Tageszeitung?"

"Reg dich ab", lachte Hunter, "war nur ein Scherz!"

"Mike", sagte John drohend, "keine solchen Scherze, bitte!"

"Du weisst doch", antwortete Hunter, während er sich umsah, "ich brauch' das für mein emotionales Gleichgewicht."

"Tja, sieht so aus, wie die Innenseite des Hauses, das wir überflogen haben. Da ist eine Tür nach draussen. Ich kann den Swimmingpool sehen. Und etwas, das ich von hier aus für einen gepflegten Rasen halten würde."

"Auf der anderen Seite liegt die Landebahn. Von der ASTRO I ist nichts zu sehen. Ich gehe mal raus, vielleicht sehe ich draussen noch mehr."

"Wollen wir mal hoffen, dass das Handy im Raumanzug noch funktioniert", kommentierte John.

"Bin schon draussen", gab Hunter zurück.

"Du bist in einem Raumanzug aufgewacht?" fragte John überrascht.

"Nein, ist eine Art hellgrauer Trainingsanzug. Neben dem Swimmingpool stehen ein paar Liegestühle. Ich gehe ums Haus."

"Moment", sagte John irritiert, "die Marsatmosphäre ..."

"Da war keine Schleuse, sondern eine ganz normale Tür. Und das Gras würde das auch nicht überleben. Ich vermute, dass eine ähnliche Technik zum Einsatz kommt, wie beim Alien Orbiter. Eine Art Schutzschild hält die Luft zurück und es ist auch angenehm warm hier draussen."

"Woher weissen Sie das mit dem Schutzschirm?" fragte jemand von der Missionsleitung.

"Der Staub in der Marsatmosphäre verhält sich merkwürdig. Er scheint an einem Hinderniss abzuprallen", antwortete John.

Und dann: "Oh. Äh. Hallo."

19. Bericht Tscherkov

Ein Tag war vergangen.

Die grosse Richtfunkantenne war irreparabel zerstört. Ein Riss ging durch die Schüssel, aber das Hauptproblem war, dass der Arm gebrochen war und sie die Schüssel nicht mehr exakt ausrichten konnten.

"Da unser Modul sich nicht in einem geostationären Orbit befindet, muss die Schüssel nachgefahren werden. Manuell ist das nicht machbar; jedes Grad Abweichung hier am Boden sind ein paar Kilometer im Orbit. Die Notschüssel sieht unbeschädigt aus, aber sie reagiert nicht auf meine Steuerimpulse."

"Aber wir wissen jetzt zumindest, dass der Funk insgesamt noch funktioniert, denn wir können die Sendungen des Moduls im Orbit noch empfangen. Die Missionsleitung ist sehr besorgt und bittet darum, dass wir uns melden. Sie haben unseren Absturz gesehen."

"Gut", dankte Tscherkov. "Um die ASTRO zu verlegen, müssten wir sie erst wieder aufrichten. Weitere Schäden an der ASTRO selbst sind nur marginal und müssen nicht behoben werden. Daher stelle ich den Vorschlag zur Diskussion, dass wir uns zum Marshaus begeben."

"Alle?" fragte Qiu.

"Ja."

"Was wird aus Hunter?"

"Es gibt keinen Hinweis, dass Hunter sich noch an Bord befindet. Auch sein persönlicher Peilsender reagiert nicht. Daher gehe ich davon aus, dass er sich im Haus oder irgendwo anders befindet."

"Wie kommst Du darauf?" fragte Qiu.

"Er könnte sich irgendwo befinden, aber es macht am meisten Sinn für mich, dass er sich im Haus befindet."

"Ich weiss nicht, ob es klug ist, sich noch Hoffnungen zu machen, dass er lebt", sagte Qiu vorsichtig.

"Er hat viel Blut verloren", gab Tscherkov zu, "aber er war sicher noch am Leben, als man ihn von Bord geholt hat. Natürlich könnte es sein, dass man zufällig jemanden ausgesucht hat oder dass man gezielt einen Toten haben wollte, etwa um ihn zu sezieren oder etwas in der Art, aber warum der Aufwand?"

"Jemand hat hier auf dem Mars, quasi direkt vor unserer Nase ein Haus errichtet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es für diese Leute schwieriger gewesen wäre, einfach noch ein paar Millionen Kilometer weiter bis zur Erde zu fliegen und sich dort niederzulassen."

"Was sie ja wahrscheinlich sowieso getan haben", warf Tanner ein. "Stichwort Radio Mars."

"Genau."

"Wir wissen nichts über die Psychologie von Ausserirdischen. Alle Berichte über Kontakte mit extraterrestrischen Intelligenzen sind sehr zweifelhaft", sagte Qiu. Er hob beide Hände. "Ich möchte nur, dass sich alle Teilnehmer darüber im klaren sind, dass es durchaus möglich ist, dass Hunter tot ist."

"Es spielt keine Rolle. Wir sind sicher, dass er nicht mehr an Bord ist. Wir haben in jedem Hohlraum nachgesehen und selbst den Füllstand aller Tanks geprüft. An Bord können wir nichts mehr tun. Also ist es Zeit für den nächsten Schritt. Kommentare?"

"Ich bin dafür", sagte Nakamura entschieden.

"Dafür", nickte Tanner.

"Ebenso", erklärte Qiu.

"Gut. Aufbruch in zwei Stunden. Da die ASTRO nicht weit entfernt liegt, werden wir genügend Vorräte mitnehmen, dass wir zwei Tage unabhängig vom Schiff operieren können."

"Das heisst, dass wir den Trolley mitnehmen."

"Ja. Nakamura und Qiu stellen die Liste der Dinge zusammen, die wir mitnehmen müssen. Dazu kommt noch Werkzeug, Kletterausrüstung und zwei Sätze an Messgeräten. Währenddessen legen Tanner und ich die Raumanzüge an und machen den Trolley bereit."

Zwei Stunden und 15 Minuten später waren sie bereit für den Aufbruch. Um vor unliebsamen Überraschungen sicher zu sein, hatten sie sich mit einem Seil zusammengebunden. Am Ende des Seils hing der Trolley, der automatisch dem Zug des Seils folgte und stehenblieb, wenn das Seil durchhing.

Sie bewältigten die Strecke in knapp einer Stunde. Die Schwerkraft bereitete ihnen immer noch Probleme und sie mussten mehrmals eine Pause einlegen.

Dann hatten sie die Landebahn erreicht.

Tanner, der ganz vorne ging, bückte sich umständlich und fuhr mit der Hand über das Material.

"Festes Gestein oder verdichteter und verklebter Marssand", sagte er. "Seltsamerweise liegt nur wenig Staub darauf. Sie muss wohl regelmässig gereinigt werden."

"Sollen wir aussen herum gehen oder darüber hinweg?" fragte Nakamura.

"Ich schätzte", sagte Tanner amüsiert, "dass im Moment hier nur wenig Verkehr ist."

Tscherkov wägte zwischen der Anstrengung und den möglicherweise vorhandenen unbekannten Gefahren ab. "Nach einer Pause gehen wir hinüber,", entschied er. Sie würden die 20 Meter breite Landebahn in kurzer Zeit überquert haben, daher schien es für ihn keinen Sinn zu machen, den grossen Umweg in Kauf zu nehmen.

Als sie sich wieder etwas erholt hatten, machten sie sich auf die letzte Etappe.

Tanner blieb vor dem Rasen stehen. "Da scheint jemand ein England-Fan zu sein", sagte er amüsiert, "BBC Worldwide, englischer Rasen auf dem Mars."

Nach und nach folgten die Anderen und bestaunten den Anblick.

Plötzlich schrie Qiu auf. Er war der letzte in der Kette gewesen und sie fuhren erschreckt herum. Tanner konnte nach dem schnellen Manöver das Gleichgewicht nicht mehr halten und fiel um.

Auf der anderen Seite der Startbahn verflog eine riesige Staubwolke im Marswind.

"Was ist?" fragte Tscherkov.

"Ich ... ich muss in die Reinigung der Landebahn geraten sein", stotterte Qiu noch immer schockiert. "Plötzlich setzte sich der ganze Staub in Bewegung und flog auf mich zu. Es ist aber nichts passiert."

Er machte einen Schritt zur Seite und schob mit den Füssen einen grossen Fleck an Marsstaub auseinander, der sich dort befand, wo er gerade noch gestanden hatte und der jetzt langsam vom Wind verteilt wurde. "Anscheinend hat man mich ausgespart."

"Unglaublich", sagte Tanner beeindruckt. "Die ganze Landebahn in wenigen Augenblicken vom Staub befreit."

"Anscheinend ein automatisches System, dass wohl einfach dafür sorgt, dass der Staub nicht zuviel wird. Und es kann sogar arbeiten, während sich etwas auf der Landebahn befindet", vermutete Tscherkov.

"Das sind nur Vermutungen", wies Qiu hin.

"Sicher", gab Tscherkov zu, "aber fundierte."

"Wir sollten trotzdem vorsichtig sein", ermahnte Qiu sie noch einmal, nachdem er von der Landebahn getreten war und so viel vom Seil eingeholt hatte, dass auch der Trolley nicht mehr darauf stand. "Dinge, die für uns völlig selbstverständlich sind, können hier unerwartet ganz anders sein."

"Es beunruhigt mich, dass sich hier jemand offensichtlich so viel Mühe gemacht hat, eine vertraute Atmosphäre für uns zu schaffen."

"Du vermutest einen Trick? Eine Falle?" fragte Tanner.

"Nein, keine Aggression", wehrte Qiu ab. "Es ist eher so, dass ich befürchte, dass wir Fehler machen werden, weil alles hier so vertraut scheint, dass wir unachtsam werden."

"Es mag ein schlechtes Beispiel sein, aber nehmen wir mal an, dass sich unter der Kuppel Luft befindet, die wir problemlos atmen können. Die Kuppel selbst könnte so ein Kraftfeld sein, wie der Alien Orbiter verwendet, aber es bildet Öffnungen, wenn man hindurch will."

"Stellt euch nun einfach vor, ihr steht vor dem Feld und fühlt euch ganz normal. Dann seht ihr hier draussen einen interessanten Stein und bückt euch. Das Feld öffnet sich für euch und ihr steht ungeschützt in der Marsatmosphäre."

"Wollen wir hoffen, dass die Sicherheitsvorkehrungen hier den gleichen Standard haben, wie ihre Technik", sagte Tanner.

Fasziniert standen sie vor dem Schild, der mühelos verhinderte, dass der Marssand den Rasen verschüttete.

"Wollen wir hoffen, dass man uns hinein lässt", gab Nakamura zu bedenken.

Sie gingen näher an den Schild heran. Fasziniert beobachteten sie, wie der Marssand an dem unsichtbaren Hinderniss abprallte.

Nakamura nahm eine tragbares Gerät zur Spektralanalyse vom Trolley und richtete es auf den Schirm. "Die gleichen Absorptionslinien, wie beim Alien Orbiter."

"Wie kommt man hindurch?" fragte Tanner.

Vorsichtig legte Tscherkov eine Hand dagegen. "Fühlt sich an wie Glas."

In dem Moment öffnete sich die Tür und jemand kam heraus.

20. Bericht Hunter

"Hallo Mr. Hunter", sagte der Fremde, der in einem der Liegestühle um den Pool lag, freundlich. "Führen Sie gerade ein Ferngespräch?"

Hunter starrte ihn einen Moment lang nur an. Er sah aus wie ein normaler Mann. Wenn er ihm auf der Erde begegnet wäre, dann wäre er an ihm vorbeigelaufen, ohne ihm einen zweiten Blick zuzuwerfen. Er war schlank und gross; Hunter schätzte ihn auf ungefähr zwei Meter.

Er trug einen Trainingsanzug wie Hunter. Auf der Brust und an den Armen waren Abzeichen angebracht, wie an den Anzügen des WASA auch. Statt dem WASA Symbol trug er ein dreidimensionales Bild der Galaxis, dass sich langsam drehte. Wie Hunter auch trug er ein Namensschild.

"Hallo Mr. Dark", antwortete Hunter, als er sich vom ersten Schreck erholt hatte.

"Ja, ein ziemlich fernes Ferngespräch", meinte er lahm. Der Fremde lächelte trotzdem amüsiert. Dann erinnerte Hunter sich wieder an die Schulungen, die sie für den Fall erhalten hatten, dass sie auf ausserirdisches Leben stossen würden.

"Mein Name ist Mike Hunter. Ich komme von der Erde und wir wünschen einen friedlichen Kontakt mit ihnen", sagte er.

Der Fremde lachte offen. "Das gleiche hat Dr. Qiu ebenfalls zu mir gesagt, aber ich bin auch vorher schon davon ausgegangen, dass ihre Bruchlandung ein Unfall und kein Angriff war."

Erleichtert atmete Hunter auf. Er hatte schon befürchtet, er wäre alleine.

"Wie ich schon zu ihren Kollegen gesagt habe, bin ich mit der menschlichen Psyche vertraut. Mein Name ist Philmann Dark und ich bin ein Erstkontakter, d.h. meine Aufgabe ist es, einen Kontakt zwischen ihrer Zivilisation und meiner herzustellen."

"Ihre Kollegen sind im Moment auf Ebene 12 dabei die Schäden an der ASTRO zu beheben", fuhr Dark fort.

"Mike", sagte Hunter und streckte seine Hand aus.

Dark schlug ein und drückte einmal angenehm fest zu. "Phil", antwortete er völlig natürlich.

"Was ist passiert?" fragte Hunter.

"Während der Landung ist eines eurer Triebwerke ausgefallen und ihr seid abgestürzt. Dabei ist ein Bildschirm zersprungen und wohl Aufgrund eines Materialfehlers nicht zu Granulat zerfallen. Eine etwa 20cm langes, spitzes Glasstück hat sich durch Deinen Raumanzug gebohrt und die linke, obere Herzkammer verletzt."

"Ich habe daher bei meinen Vorgesetzten um die Erlaubnis gebeten, dich mittels einer hochentwickelten Transporttechnologie direkt hier in die Krankenstation zu befördern. Nachdem die Erlaubnis eingetroffen war, habe ich das getan und die Krankenstation hat dich in den letzten drei Tagen geheilt."

"Meine Kollegen?" fragte Hunter.

"Sie haben diesen Stützpunkt alle aus eigener Kraft erreicht."

"Vielen Dank, Du hast mir das Leben gerettet", sagte Hunter nachdenklich. "Aber warum habt ihr die Leute auf der Erde nicht vorher informiert?" brachte er seine Bedenken zum Ausdruck. "Warum dieser Umstand mit dem Telefon?"

"Deine Mitmenschen haben nur einen geringen Entwicklungsstand. Eine unüberlegte Aktion kann unabsehbare Folgen haben", antwortete Dark gelassen. "Daher habe ich ihre Kollegen gebeten, die Funkanlage der ASTRO wieder in Gang zu setzen, damit sie über ihre eigenen Wege kommunizieren können. Gleichzeitig habe ich mir Alternativen überlegt."

"Es sieht so aus, als wäre es mit Bordmitteln nicht möglich, die Funkanlage wieder in Gang zu setzen und die Technologien, die unsere beiden Kulturen verwenden, sind sehr unterschiedlich. Daher war es auch nicht möglich, euren Funk so einfach in mein Kommunikationsnetz einzubinden."

"Am Ende war es am einfachsten eine der geheimen Telefonleitungen zu Erde zu verwenden. Ich möchte die Missionsleitung der WASA bitten, vorerst darauf zu verzichten, zu versuchen herauszufinden, woher dieser Anruf kommt. Wenn bekannt wird, dass sich Ausserirdische auf der Erde aufhalten, könnte das im Moment noch unabsehbare Konsequenzen haben."

"Wir versuchen im Moment, die Funkanlage der ASTRO so umzubauen, dass wir Radio Mars als Sender benutzen können. Wir hoffen, dass diese Umbauten im Laufe des Tages abgeschlossen sind."

"John, hast Du das gehört?" fragte Hunter.

"Wir hören ihn laut und deutlich", antwortete John.

"Wieviele Ausserirdische halten sich im Moment auf der Erde auf?" fragte ein Mitglied der Missionsleitung.

"Ich möchte diese Frage zum gegenwärten Zeitpunkt nicht beantworten", erwiderte Dark.

21. Bericht Tscherkov

Ein Mensch kam heraus und über den Rasen direkt auf sie zu. Er trug einen hellgrauen Trainingsanzug und Turnschuhe mit Klettverschluss. Links auf der Brust war ein Abzeichen mit einer sich langsam drehenden Galaxis zu sehen, die verblüffend dreidimensional aussah.

"Ich heisse die Menschheit auf dem Mars willkommen", sagte der Fremde, auf dessen Namensschild "P. Dark" stand.

Wie sie es geübt hatten, verstummten die anderen und nur Qiu sprach.

"Mein Name ist Yang Qiu. Ich komme von der Erde und wir wünschen einen friedlichen Kontakt mit ihnen", sagte er.

"Willkommen Dr. Qiu", sagte der Fremde und lächelte freundlich. "Mein Name ist Philmann Dark und meine Aufgabe ist es einen Erstkontakt mit ihrer Kultur herzustellen."

"Ihre Besorgnis bezüglich der Möglichkeit eines Missverständnisses ist unbegründet. Ich kann hier alle wichtigen Rundfunk- und Fernsehkanäle empfangen und bin daher bestens über sie und ihre Begleiter informiert."

"Aber bitte treten sie doch näher. Ich habe einen kleinen Apero vorbereitet, um den Kontakt zwischen unseren beiden Kulturen zu feiern. Der Computer öffnet den Schild automatisch, wenn sie versuchen, hindurchzutreten."

Etwas unsicher ging Qiu als erster auf die unsichtbare Barriere zu, die dazu gedacht war, einen Meteoriteneinschlag zu überstehen.

22. Bericht Hunter

"Für einen Erstkontakt ist es wichtig, dass ich über die Stimmung auf der Erde informiert bin. Daher gibt es Beobachter, die mir melden, wie die Erdbevölkerung auf die Informationen reagiert, die sie bekommt. Dann kann ich meine Vorgehensweise entsprechend anpassen."

"Was passiert, wenn einer davon auffliegt?"

"Wir bringen ihn in Sicherheit, so wie ich das mit Dir gemacht habe", antwortete Dark und nahm einen Schluck aus dem Glas, das neben ihm auf dem Tisch stand. "Das ist bisher aber noch nie passiert."

"Was ist mit den ganzen Berichten über Entführungen?"

"Es gab tatsächlich mal eine Weile lang Entführungen durch eine andere Zivilisation, aber dem haben wir einen Riegel vorgeschoben. Alle Entführungen vor 1986 und nach 1987 sind entweder reine Fantasie oder nicht von Ausserirdischen durchgeführt worden."

Hunter lachte. "Wenn das rauskommt, dann werden einige Leute einiges zu erklären haben!"

"Daher wäre es besser, wenn man diese Informationen zum aktuellen Zeitpunkt noch vorsichtig behandelt", stimmte Dark zu. "Kann ich Dir etwas anbieten?"

Hunter überlegte. "Ich würde gerne eine Runde schwimmen", sagte er sehnsüchtig.

"Nur zu", forderte Dark ihn auf.

Hunter zuckte mit den Schultern. "Ich ruf' später noch mal an", sagte er ins Telefon und legte auf, bevor John protestieren konnte. Dann begann er sich auszuziehen.

Bei der Hose angekommen, hielt er inne. "Ich hoffe, es macht ihnen nichts aus, wenn ich mich hier ausziehe."

"Überhaupt nicht", sagte Dark amüsiert. "Ich kann gar keine Scham empfinden."

Hunter liess sich ins angenehm warme Wasser gleiten und schwamm ein paar Bahnen. Am Schluss tauchte er ein Stück und trat dann am Rand Wasser.

"Einen Drink?" fragte Dark und bot ihm ein Glas an.

"Vielen Dank", sagte Hunter und nahm das Glas entgegen. Er trank einen Schluck: "Maracuja?"

"Mit Mineralwasser", bestätigte Dark.

"Nahe am isotonischen Mischungsverhältnis", schmeckte Hunter und leerte das Glas.

"Welche Gefühle kannst Du sonst empfinden?" fragte er, als er das Glas zurückgab.

"Im menschlichen Sinn gar keine", antwortete Dark. "Mehr?"

Hunter schüttelte den Kopf und schwamm zu einer Leiter.

Ein Android reichte ihm ein Handtuch und hielt einen Morgenmantel bereit.

"Also bist Du auch ein Android?"

"Eine hochentwickelte Form", schränkte Dark ein, "aber ja, ich bin ein Android."

"Perfekt angepasst", sagte Hunter, während er seinen Gastgeber genauer ansah. "Die Haare und die Haut wirken absolut echt."

"Das ist der Sinn", sagte Dark und gab wieder vor amüsiert zu sein.

"Deine gefühlsmässigen Reaktionen sind glaubhaft", fuhr Hunter mit seiner Analyse fort.

"Vielleicht könnte man sagen, dass ich in der Lage bin Gefühle zu verstehen, aber im Gegensatz zum Menschen werde ich nicht davon beherrscht."

"Der perfekte Lügner", spann Hunter den Faden weiter.

"Im negativen Sinn, ja. Aber ich kann nicht beleidigt werden oder schmollen. Ausserdem hat die Menschheit keine negativen Reaktionen zu befürchten, sollte ich gewaltsam verletzt oder, nun, getötet werden. In diesem Fall werden wir einfach das bisher gesammelte Wissen auf einen neuen Körper übertragen und dann diesen als Ersatz schicken."

Hunter streckte sich auf einer freien Liege aus. Nachdenklich blickte er auf den Staub, der ausserhalb des Schirms von einem starken Wind vorbeigetrieben wurde.

"Ich könnte dich also zum Spass zusammenschlagen und müsste keine Konsequenzen fürchten", fasste er zusammen.

"Genau. Meine Vorgesetzt wissen, dass ihr einer einfachen Kultur angehört, bei der man jederzeit mit unmotivierten Gewaltausbrüchen rechnen muss. Allerdings empfehle ich speziell gepolsterte Handschuhe, sonst leiden deine Fäuste und weder Kommandant Tscherkov noch jemand von der Missionsleitung sollten davon Wind bekommen, sonst musst du dich mit deinen eigenen Leuten herumärgern."

Hunter schüttelte nur lachend den Kopf.

23. Bericht Tscherkov

Wie er versprochen hatte, hatte es keine Probleme gegeben, einfach durch den Schild zu treten. Während man den Schild passierte, erzeugte der Computer ein kompliziertes System aus Schilden, die eine Schleuse bildeten und dafür sorgten, dass der Staub und die dünne Marsatmosphäre sich nicht mit der Luft im Inneren mischten.

"Sie können die Helme abnehmen, wenn sie wollen", bot Dark an, während er sie zu einem Tisch führte, der nahe des Swimmingpools aufgebaut war. Mehrere Androiden hielten sich in der Nähe auf und warteten auf Anweisungen.

"Besteht die Gefahr der Übertragung von Krankheitserregern oder Allergien?" fragte Qiu.

"Nein, wie die Androiden bin ich eine künstliche Lebensform ohne menschlichen Stoffwechsel und der Stützpunkt ist frei von allergenen Stäuben oder Substanzen, die bei Menschen Allergien auslösen."

Tscherkov nahm als erster den Helm ab. Die Luft roch rein und frisch. Ein Android nahm ihm den schweren Helm und die Handschuhe ab. Die anderen Astronauten folgten seinem Beispiel kurze Zeit später.

Dark nahm ein Tablett vom Tisch, auf dem perlende Sektgläser standen. "Mit Erlaubnis von Kommandant Tscherkov möchte ich ihnen einen kleine Umtrunk anbieten", sagte er.

Tscherkov nickte. "Normalerweise ist Alkohol für Astronauten tabu, aber im Anbetracht der ungewöhnlichen Situation denke ich, dass wir auf dieses Ereignis anstossen sollten." Er nahm sich ein Glas.

"Auf eine friedliche Kooperation unserer beiden Kulturen", toastete Tscherkov und sie stiessen an.

"Wie sie sich sicher vorstellen können", sagte Tscherkov hinterher, "haben wir unendlich viele Fragen."

"Natürlich", stimmte Dark zu.

"Vor allem vermissen wir ein Besatzungsmitglied."

"Dr. Hunter befindet sich in der Krankenstation. Er wird in etwa zwei Tagen vollständig genesen sein."

"Das ist gut zu hören", sagte Tscherkov erleichtert. "Wir haben uns grosse Sorgen gemacht."

"Das ist mir klar", reagierte Dark auf den versteckten Vorwurf. "Allerdings wollte ich kein Risiko eingehen und sie über Funk ansprechen, weil das unabsehbare Konsequenzen gehabt hätte. Da keine Gefahr bestand, habe ich mich zurückgehalten und gewartet, bis wir uns getroffen haben."

"Wie funktioniert das eigentlich? Wie haben sie Mike, also Dr. Hunter hierher gebracht?" fragte Tanner neugierig, nachdem er nochmals das Bild seiner kleinen Kamera kontrolliert hatte, mit der er alles dokumentierte.

"Es entspricht in der Wirkung etwa dem Transporter bei Raumschiff Enterprise", erklärte Dark, "aber ohne den Leuchteffekt." Er lächelte: "Verglichen mit der Fernsehserie ist es wirklich sehr unspektakulär."

Nakamura hatte sich ein paar Stücke Sushi besorgt. "Sie kennen die Serie?"

"Ich hatte in den letzten Monaten nichts zu tun, ausser auf ihre Ankunft zu warten. Auf Ebene 3 gibt es ein grosses Fernsehzimmer, in dem sie alle wichtigen Fernsehkanäle sehen können."

"Ah ja", machte Tscherkov, "wir haben hier also mehr Auswahl als nur Radio Mars."

"Radio Mars ist wirklich nur ein Gag", stimmte Dark zu.

"Auf der Erde wird man sich sicher schon Sorgen wegen uns machen", warf Qiu ein.

"Haben sie hier ein Funkgerät oder etwas in der Art, dass sie uns zur Verfügung stellen können?" fragte Tscherkov.

"Ich habe beides, ein Funkgerät und etwas in der Art, aber ich kann ihnen im Moment keines von beiden zur Verfügung stellen", bedauerte Dark.

Tscherkov erstarrte. "Darf man fragen, warum nicht?" erkundigte er sich vorsichtig.

"Natürlich. Ich bin im Moment noch damit beschäftigt, Möglichkeiten zu evaluieren, die ich ihnen bieten kann, sich mit ihren Leuten in Verbindung zu setzen und vor allem, welche Konsequenzen jeder dieser Möglichkeiten hätte. Daher lautet mein Vorschlag, dass sie die ASTRO bergen und mit den Reparaturen beginnen."

"Sollten sie mit den Reparaturen fertig sein, bevor ich eine andere Lösung gefunden habe, dann können sie sich aus eigener Kraft melden. Ausserdem werden sie die ASTRO I auf alle Fälle reparieren wollen, daher nutzen wir unsere Zeit auf diese Weise am effektivsten."

"Wie bergen wir sie?" wollte Tscherkov wissen.

"Sobald Sie das wünschen, schicke ich einen Bergeroboter los, der sie in den Hangar unter dem Haus transportiert."

"Dann los", entschied Kommandant Tscherkov, während er sich einige leckere Teilchen aus dem Büfett aussuchte.

"Sehen Sie", forderte Dark ihn auf und zeigte auf eine Stelle, wo der Marssand durch eine aufsteigende Blase eines neuen Schutzschirms durchbrochen wurde. In der Mitte schwebte ein Maschine mit langen Armen, die unter ihr zusammengerollt waren.

"Sieht aus, wie eine Spinne", sprach Qiu die Gedanken der anderen aus.

Sie konnten keine Triebwerke oder sonstige Antriebsmechanismen sehen. Völlig lautlos durchbrach der Bergeroboter den Schild und sie sahen, dass er seinerseits ebenfalls in ein kleines Schirmfeld gehüllt war. Er beschleunigte und war rasch in der Richtung verschwunden, in der die ASTRO lag.

Ein kleiner Roboter mit einem holografischen Projektor kam geflogen. Über dem kleinen Roboter erschien ein Bildschirm, auf dem sie sehen konnten, was der Bergeroboter sah. Schnell erschien der Rumpf der ASTRO mit dem eingeknickten linken Flügel.

"Er sucht jetzt nach Punkten, an denen er das Schiff anfassen kann", erläuterte Dark einen weiteren Bildschirm, auf dem eine schematische Darstellung der ASTRO erschienen war, die mit immer weiteren Details angereichert wurde, während der Roboter das Schiff untersuchte. Nach kurzer Zeit hatte der Roboter die vier Aufhängungen gefunden, mit denen die ASTRO auf der Erde zum Start transportiert worden war.

Er fuhr vier seiner sechs Arme aus und stellte Kontakt her. Dann aktivierte er seinen Schild wieder und hob das Schiff zusammen mit ein paar Tonnen Marssand mühelos hoch. Während er sich auf den Rückweg machte, begann der Sand unten aus dem Schild zu wehen. Als er wieder beim Haus ankam, war das Innere seines Schilds frei von Sand.

Sein kleiner Schild verschmolz wieder mit dem grossen des Hangars und dann verschwand er mit seiner Last im Boden.

"Wie fliegt er?" fragte Tanner, als der allgegenwärtige Sand begann, die Öffnung im Boden wieder zu bedecken.

"Er ist mit dem Gravitationsfeld des Planeten verbunden. Man könnte auch sagen, dass er sich an Gravitationspotentialen entlanghangelt", antwortete Dark.

"Daher fliegt er trotz des Sturmes so ruhig?"

"So ist es."

"Wieviel Energie kostet das?"

"Etwa so viel, wie es kostet, ein Objekt mit dieser trägen Masse mit der vorherrschenden Gravitation zu beschleunigen."

"Und woher nimmt er diese Energie?"

"Aus einem Fusionsreaktor", antwortete Dark und liess eine schematische Zeichnung des Roboters mit den Leistungsdaten erscheinen, "mit etwa 400 Gigawatt Leistung."

"Beeindruckend. Wieviel braucht der Schild?"

"Das hängt hauptsächlich von der Belastung ab. Im Leerlauf braucht er etwa 200 MW. In den Armen sind weitere Schildprojektoren untergebracht, mit denen man die maximale Tragkraft der Arme erhöhen kann. Damit kann der Roboter maximal 20'000'000t Last befördern."

"Das kleine Ding kann also etwa 200 Flugzeugträger auf einmal heben", überschlug Tscherkov im Kopf.

"Dabei sieht er nach nichts Besonderem aus", sprach Tanner seine Gedanken aus.

24. Bericht Hunter

"Wo sind meine Kollegen im Moment?" fragte Hunter.

"Ich würde schätzen, dass sie im Hangar auf Ebene 12 sind und damit beschäftigt die ASTRO wieder in Stand zu setzen."

"Tja, in dem Fall sollte ich vielleicht mal nach ihnen sehen. Sie haben sich sicher schon gefragt, wo ich abgeblieben bin", meinte Hunter und stellte sein Glas ab.

Dark nickte nur.

Hunter winkte und ging zum Lift zurück. Nachdenklich betrachtete er das Mobilteil in seinen Händen, während er nach unten fuhr: 'Vielleicht sollte ich kurz bei John anrufen?' überlegte er. 'Aber was soll ich ihm schon sagen? Erstmal sehen, was die anderen zu berichten haben.'

Er fuhr in den 12. Stock und trat aus dem Lift.

"Schaut mal, wer aus dem Bett gefallen ist!" rief Tanner von oben auf der ASTRO.

Mit grossen Hallo wurde Hunters Rückkehr gefeiert. Nur Hunters Herz blieb fast stehen, als Tanner einfach die 7 Meter von der ASTRO heruntersprang, statt die Leiter zu benutzen.

Er fiel ganz normal und Hunter befürchtete schon das Schlimmste, als Tanners Sturz sanft abgebremst wurde. Tanner grinste breit, als er herüber kam.

"Netter Trick, nicht?" fragte er und Hunter hielt ihm eine geballte Faust unter die Nase.

"Was denn?" verteidigte sich Tanner lachend. "Du bist ja schliesslich auch verschwunden, ohne Dich ordentlich abzumelden!"

"Aber nicht ganz freiwillig", gab Hunter zu bedenken.

"Doc hier", Tanner wies mit dem Daumen auf Qiu, "macht sich natürlich Sorgen, dass wir solche Stunts auch abziehen könnten, wenn wir wieder auf der Erde sind."

"Zu Recht", sagte Qiu. "Wir alle wissen, dass solche Handlungen schnell zum Reflex werden. Ich sollte Mr. Dark wirklich bitten, die Sicherheitsmassnahmen für uns abzuschalten."

"Nachdem wir die ASTRO repariert haben", entschied Tscherkov. "Und? Wie fühlst Du Dich?"

"Normal", gab Hunter an.

"Keine Erinnerungen an Nah-Tod-Erlebnisse?" erkundigte sich Qiu.

"Nein."

"Irgendwas, an dass Du Dich erinnerst, seit wir versucht haben zu landen?"

"Nö. Ich erinnere mich nur noch an die schlechteste Landung, die ich jemals mitgemacht habe", revanchierte sich Hunter für den Schreck von vorher. "Du schuldest mir ein Bier."

"Wenn wir zurück sind", versprach Tanner.

"Was denn?" fragte Hunter erstaunt. "Hier gibts keine Bar? Jemand sollte sich bei Mars Travels beschweren! So was Ödes!"

Sie lachten.

"Warum läufst Du eigentlich mit einem Telefon herum?" fragte Nakamura.

"John wollte wissen, wie es uns geht", antwortete Hunter, als wäre nichts dabei.

"Mirvo?"

"Yep."

Tscherkov blickte ihm mit hochgezogener Augenbraue an. "Das ist jetzt kein Witz?"

Statt einer Antwort drückte Hunter die Wahlwiederholung und gab Tscherkov das Mobilteil.

Das erste Klingeln war noch nicht ganz fertig, als schon die Stimme von John Mirvo aus dem Hörer tönte: "Mike! Wenn Du noch einmal auflegst, dann schwöre ich Dir, ich komme zum Mars und bringe Dich eigenhändig um!"

"Ich werde es ihm sagen, wenn ich ihn das nächste Mal treffe", versprach Tscherkov höflich.

"Narim, bist Du das?"

"Ja", bestätigte Tscherkov. "Wir sind alle hier und wohlauf."

"Dem Himmel sei Dank", sagte John erleichtert. "Unsere Investoren haben schon angefangen, uns die Hölle heiss zu machen!"

"Sie sollen sich wieder beruhigen", sagte Tscherkov ruhig. "Die ASTRO ist beschädigt, aber bis auf das Triebwerk sollte es nichts sein, was wir nicht wieder hinbekommen können. Unsere Funkanlage sollte in etwa zwei Stunden soweit Instand gesetzt sein, dass wir über Radio Mars senden können."

"Hm", antwortete John. "Kann ich euch bitten, mich in zwei Stunden nochmal anzurufen? Wir werden hier etwas planen, um das Maximum aus dieser Sache herauszuholen."

"Maximum?" fragte Tscherkov.

"Im Moment sind alle ziemlich aus dem Häuschen. Wir haben uns gedacht, dass es vielleicht gut wäre, wenn wir nicht einfach sagen 'Ach, und übrigens: Es geht allen gut.' sondern es etwas, nun, dramatischer zu gestalten."

"Es ist euer Geld", akzeptierte Tscherkov achselzuckend.

"Es ist Politik", bestätigte John.

"Dann bis in zwei Stunden", verabschiedete sich Tscherkov.

"Bitte pünktlich anrufen", bat John noch. "Meine Nerven sind auch schon ziemlich dünn."

"Versprochen", sagte Tscherkov lachend und legte auf.

"Computer, erinnere mich in zwei Stunden daran, John zurückzurufen."

"Verstanden", sagte eine freundliche Stimme.

"Aha", sagte Hunter, "der gute Geist des Hauses."

"Warte erst mal ab, wenn Du ihn in Aktion siehst!" versprach Tanner. "Er ist unheimlich!"

"Was ist das Problem mit der Sendeanlage?"

"Tja, wir können empfangen, aber nicht senden."

"Schon Modul Nr. 7 ausgetauscht?"

"Ja, obwohl es laut Diagnose in Ordnung sein soll."

"Hm, schlecht", überlegte Hunter.

"Warum?" fragte Tscherkov.

"Das Problem ist Modul Nr. 7", behauptete Hunter.

"Wie kommst Du darauf?" fragte Nakamura leicht indigniert. "Laut Selbstdiagnose ist es in Ordnung."

"Die ist fehlerhaft", behauptete Hunter. "Das habe ich zufällig mitbekommen, als ich in der Kantine von Bistate Communications sass. Da haben sich zwei Techniker unterhalten, dass sie eine Abkürzung in die Diagnoseroutine eingebaut haben, um den Liefertermin halten zu können."

"Was?" fragte Tscherkov ausser sich. "Warum hast Du das nicht gemeldet?"

"Naja, es wird nur nicht getestet, ob der Kommunikationschip überhaupt funktioniert. Das heisst, wenn der überhaupt keinen Pieps mehr von sich gibt, dann meldet das Modul auch 'Alles in Ordnung'. Ich habe mit den Technikern gesprochen und das einzige Szenario, wo das realistischerweise passieren kann, ist, wenn das ganze Modul mechanisch zerstört wird. Und dann sieht ja selbst ein Blinder, dass es nicht mehr tut."

"Du hättest es trotzdem melden müssen", beharrte Tscherkov.

"Mach' Dich nicht lächerlich", wies Hunter den Vorwurf zurück. "Trotz der enormen Menge an Geld, die in das Projekt gesteckt wurde, wirst Du an allen Ecken und Enden solche Umgehungen finden. Ich habe einfach darauf geachtet, dass alle wichtigen Systeme, wie Triebwerke und Lebenserhaltung funktionieren."

"Funk ist auch wichtig!" erwiderte Nakamura.

"Wichtig, ja, aber der Funk kann nicht explodieren und wenn er ausfällt hat man normalerweise Zeit, ihn zu reparieren. Andere Sachen sind da nicht so harmlos!"

"Wie das Triebwerk zum Beispiel?" fragte Qiu indigniert.

"Sind wir darum abgestürzt?"

"Das linke Triebwerk ist beim Landeanflug ausgefallen", bestätigte Tanner.

"Warum?"

"Keine Ahnung. Der Fusionsprozess ist ausgefallen, der automatische Neustart schlug fehl und das Triebwerk schaltete sich ab."

"Sollte der Bordcomputer das nicht ausgleichen?"

"Ja", bestätigte Tanner die rhetorische Frage. Er schien auf etwas hinauszuwollen.

"Seltsam."

"Nicht wirklich", sagte Tanner düster. "Er hat ausgeglichen. Er hat die Leistung des anderen Triebwerks reduziert, damit wir nicht anfangen zu rotieren."

"Super. Da wir mitten in der Landung waren, sind wir dann natürlich sofort abgesackt", stöhnte Hunter.

"Die linke Tragfläche hat den Boden touchiert und das wars", vervollständigte Tanner das Bild. "Du verstehst, dass wir im Moment etwas empfindlich sind, wenn es um 'Abkürzungen' geht, die Deine Kollegen auf unsere Kosten nehmen."

"Schon gut", Hunter hob abwehrend die Arme. "Wenn nicht alle Leute glauben würden, dass Technik niemals versagen kann, dann könnten wir unsere Karten auf den Tisch legen."

"Schluss damit", ging Tscherkov dazwischen. "Hunter, Du hast zwei Stunden, um den Fehler zu beheben oder mir zu sagen, wie lange es dauern wird."

"Ayeaye, Käpt'n", sagte Hunter und ging um die ASTRO herum zur Schleuse. Nakamura begleitete ihn.

Nach kurzer Zeit hatten sie das Modul wieder ausgebaut. Hunter sah sich beide Module an. Sie sahen unbeschädigt aus.

Sie waren relativ leicht, obwohl sie eingegossen sein sollten, aber Hunter vermutete, dass man einen Schaum verwendet hatte. 'Oder', dachte er bei sich, 'man hat aus Kostengründen auch darauf verzichtet.'

Da keine äussere Beschädigung zu sehen war, schüttelte er es, aber es klapperte nicht. Also war der Chip entweder nicht lose oder er war lose und das Modul war ausgeschäumt.

"Tja, was nun?" fragte er sich.

"Willst Du Dir nicht den Rest ansehen?"

"Ihr habt alles geprüft?" fragte Hunter zurück.

Nakamura nickte.

"Etwas gefunden?"

Das musste Nakamura verneinen.

Hunter hielt ihm das Modul unter die Nase. "Ein Jahresgehalt, dass es am Modul liegt."

"Ich wette leider nicht", antwortete Nakamura reserviert.

"Wusste ich", gab Hunter zu. "Leider habe ich mein Taschenröntgengerät zu Hause gelassen. Um meine Theorie zu beweisen, müsste ich das Modul aufschneiden. Dann können wir es aber nicht mehr zusammensetzen."

"Vielleicht kann Mr. Dark uns helfen?" schlug Nakamura vor.

"Daran habe ich noch nicht gedacht", gab Hunter zu.

"Zu zweit zu arbeiten hat seine Vorteile", meinte Nakamura höflich. "Computer, ich würde gerne mit Mr. Dark sprechen!"

"Müssen wir dazu nicht ...?" fing Hunter an, als Darks Stimme ihn schon unterbrach.

"Was kann ich für Sie tun, Nakamura-San?"

"Wir haben hier ein Modul unserer Funkanlage und wir müssten ein Bild von seinem Innenleben haben. Geht das?"

"Wie hoch muss die Auflösung sein?"

"Naja, so etwa einen zehntel Millimeter oder mehr. Weniger ginge auch, aber mehr ist besser", antwortete Hunter, der sich fragte, wie sie Dark hören konnten, denn er kam sicher nicht über die Lautsprecher der ASTRO. Oder wie der Computer gehört hatte, dass Nakamura ihn angesprochen hatte.

"Kommen sie bitte auf Ebene 7", bat Dark.

Sie fuhren nach oben und trafen Dark im Gang vor dem Lift.

"Ist es das?" fragte er und Hunter gab ihm das Modul.

"Was genau interessiert Dich?" erkundigte Dark sich, während er sie zu einem bestimmten Raum führte.

"Ich vermute, dass der Hauptchip sich von der Platine gelöst hat oder zumindest einige Beine keinen Kontakt mehr haben", gab Hunter an.

"Ah, nun, dass sollte kein Problem sein", meinte Dark.

"Das ist die Krankenstation, wo ich Dich behandelt habe", erklärte Dark. An den Wänden waren niedrige Wannen, die mit allerlei Anzeigen und Bedienelementen umgeben waren.

Dark ging direkt zu einem grossen Podest und legte das Modul darauf. Dann stellte er sich an ein Pult und begann Eingaben zu machen. Wenig später leuchtete das Podest kurz hell auf.

Dark nahm das Modul wieder herunter und reichte es Hunter zurück.

"Dann wollen wir mal sehen", sagte er mehr zu sich selbst und nahm weitere Eingaben vor. Etwas, dass genauso aussah, wie das Modul, erschien auf dem Podest. Es musste ein Bild sein, denn Dark vergrösserte das Modul mit ein paar Berührungen des Pultes. Dann liess er die Hülle verschwinden.

Unter der Hülle war eine poröse Masse zu erkennen, die das Modul im Innern komplett ausfüllte. Auch diese Masse löste sich nach kurzer Zeit vollständig auf und die drei Platinen des Moduls mit den ganzen Chips lagen vor ihnen.

Hunter und Nakamura waren beeindruckt. Das ganze hatte nur wenige Augenblicke in Anspruch genommen.

"Es ist der grösste Chip auf der mittleren Platine", erläuterte Hunter.

Dark entfernte die beiden anderen Platinen und vergrösserte den winzigen Chip, bis er ungefähr drei Meter gross war. Jeder Anschlusspin war jetzt ungefähr 5cm breit. Sie sahen aus, als hätte jemand mit einem Messer tausende von Kerben hineingeschnitten. An vielen Stellen waren ganze Stücke aus den Pins herausgebrochen, als wären es Brücken, die von einem Erdbeben zum Einsturz gebracht worden waren.

Verblüfft starrten Hunter und Nakamura auf das Bild. Während Hunter anfing sich Gedanken über die Auflösung des Scanners zu machen, meinte Nakamura: "Das sieht aus, wie Materialermüdung!"

Dark nahm weitere Eingaben vor. "Alle Metallteile im Gehäuse zeigen diese Muster. Auch die Platinen selbst sind betroffen."

"Weltraumtests", sagte Hunter düster.

"Bitte?"

"Ach verdammt!" fluchte Hunter und Nakamura runzelte die Stirn. "Irgend so ein Idiot hat entschieden, dass das Funkgerät auch funktionieren muss, wenn es direkt dem Weltraum ausgesetzt ist! Also wird man seine Module zum Testen in eine Klimakammer gesteckt haben!"

"Macht das keinen Sinn?" fragte Nakamura.

"Naja, ja und nein. Da das Funkgerät im Innern der ASTRO installiert ist, ist die einzige Möglichkeit es mit dem Weltraum in Kontakt zu bringen, die ASTRO aussenrum zu entfernen. Aber was nützt ein Funkgerät, wenn das Schiff nicht mehr existiert?"

"Nun, es wäre sicher gut, wenn man nach einem Crash irgendwo funken könnte", meinte Nakamura nicht sehr überzeugt.

"Ja, wenn Du dann noch eine Antenne hast. Wenn Du die Antenne noch so exakt ausrichten kannst, dass man Dich empfängt. Aber das ist alles unwichtig. Wahrscheinlich haben da zwei Leute nicht miteinander geredet. Ursprünglich war sicher vorgesehen, das Modul mit einem dichten Füllmaterial, etwa Tempra 500, auszugiessen. Aber dann hat man sich für diese andere Masse entschieden, wohl um Gewicht zu sparen und damit hat sich das Verhalten bei starken Temperaturunterschieden geändert."

"Plötzlich waren die Chips nicht mehr so gut isoliert", dachte Nakamura mit.

"Genau. Und in der Klimakammer wird ja eine Extremsituation nachgefahren, also wenn das Modul ungeschützt um erdnahen Weltraum treibt. Dann heizt die Sonne es auf etwa 130°C auf und wenn es nicht direkt bestrahlt wird, dann kühlt es auf bis zu -190°C ab. Aber diese Situation ist extrem unwahrscheinlich, vor allem, weil das Modul ja normalerweise in der ganzen restlichen Funkanlage steckt, die für einen viel langsameren Temperaturausgleich sorgt."

"Tja", seufzte er, "wo ist der Mülleimer?"

"Wir haben die ganze Zeit mit einem defekten Modul gefunkt?" fragte Nakamura ungläubig.

"Bis zum grossen Schlag bei der Landung", bestätigte Hunter. "Selbst das hätte uns nicht gekratzt, wenn das Modul voll ausgegossen gewesen wäre. Aber mit dem Schaum konnten die abgebrochenen Teile sich verteilen und so den Kontakt unterbrechen, ohne dass es zu einem Kurzschluss kam, den der Selbsttest angezeigt hätte."

"Murphy lässt grüssen", fuhr Hunter säuerlich fort. "In jedem kleinen Problem steckt ein grosses, dass gerne heraus möchte."

"Und das andere Modul?"

"Wird genauso aussehen, schliesslich haben sie das gleiche damit gemacht", vermutete Hunter.

"Sollten wir es nicht zumindest versuchen?"

"Kann man die abgebrochenen Stücke irgendwie wieder einsetzen?" fragte Hunter Dark.

"Nein, für solche diffizilen Arbeiten sind wir hier nicht ausgelegt", bedauerte Dark. "Es gäbe nur eine andere Möglichkeit, falls sie für die notwendige Geheimhaltung sorgen könnten."

"Und die wäre?"

"Nun, ich könnte ein funktionierendes Modul von der Erde hierher transportieren. Falls ich dafür die Erlaubnis von meinen Vorgesetzten bekomme, heisst das."

Ein paar Telefongespräche später erhielt ein Mitarbeiter im WASA Zentrum die folgende Anweisung: Er solle ins Lager gehen, ein Modul Nr. 7 für das Funkgerät der ASTRO heraussuchen, das Modul ausführlich testen und dann ins Büro von Direktor Bush bringen.

"OK, das Modul liegt jetzt hier", kam die Stimme von Direktor Bush aus dem Telefon.

"Wo genau sitzen sie?" fragte Dark zurück. Das defekte Modul lag auf dem Boden einer Nische in einem Gang und Dark stand draussen neben dem Eingang zur Nische an einem Bildschirm.

"Gebäude Drei, Raum H3052", antwortete Bush.

"Eins, Drei, Fünf, Sieben, Elf, Dreizehn, Siebzehn, Neunzehn, Dreiund ... hab sie", zählte Dark und nahm Eingaben vor. Dann ging er in die Nische, holte das Modul, das dort am Boden lag und reichte es Hunter.

"Das wars", behauptete er.

"Wie bitte?" fragte Bush verwundert. Hunter dagegen zuckte nur mit den Schultern und machte sich auf den Weg das neue Modul einzusetzen.

"Ich habe das Modul keine Sekunde aus den Augen gelassen! Sind sie sicher, dass es funktioniert hat?"

"Auf dem Modul, dass ich gerade Mr. Hunter gegeben habe, waren keine Fingerabdrücke mehr von ihm", bestätigte Dark. "Bitte reinigen Sie das Modul nun und lassen sie es ins Lager zurückbringen."

Wie sie besprochen hatten, wischte Bush das Modul sorgfältig mit einem Mikrofasertuch ab. Das Modul würde noch einen Tag hier liegen und dann würde er es wieder ins Lager bringen lassen. Auf diese Weise sollte es keine Gerüchte geben. Sie hatten auch überlegt, das Modul weiter untersuchen zu lassen, aber damit würden nur mehr Leute eingeweiht werden müssen und der Nutzen wäre gering.

Hunter war derweil damit beschäftigt, das neue Modul zu testen. "Auf Hawaii ist schönes Wetter", sprach es in sein Mikrofon.

"Woher willst Du das wissen?" fragte Tanner über Bordfunk zurück.

"Computer, richte Tscherkov bitte aus, dass wir wieder im Geschäft sind!" wies Hunter ihn erleichtert an.

25. "Sie leben!"

Leise spielte Radio Mars im Hintergrund, als John vor die versammelten Presseleute trat. Er straffte sich auffällig und hielt sein Gesicht ausdrucksloser, als sonst. An der Reaktion des Publikums sah er, dass sie nun das Schlimmste erwarteten.

"Meine Damen und Herren von der Presse, willkommen", begann er seine Rede. Wie immer las er nichts ab, sondern sprach frei. "Wie sie wissen, ist der Kontakt zur ASTRO I vor drei Tagen überraschend abgebrochen. Unsere Spezialisten haben seitdem erfolglos versucht, den Kontakt wiederherzustellen. Zum aktuellen Zeitpunkt gelten die Astronauten als verschollen."

"Allerdings liegen nun die ersten verlässlichen Auswertungen über den Absturz selber vor. Analysen der Rauchwolke direkt nach dem Absturz haben ergeben, dass es sich hauptsächlich um aufgewirbelten Sand handelt. Wir gehen daher davon aus, dass die ASTRO nicht explodiert ist. Weitere Aufnahmen geben zur Annahme anlass, dass ein Triebwerksausfall die Ursache des Unfalls ist."

"Spekulationen über die seltsame Bodenformation in der Nähe der Absturzstelle konnten bisher nicht bestätigt werden. Unsere Spezialisten gehen aber davon aus, dass es sich nicht, ich wiederhole: nicht um ein natürliches Phänomen handelt, denn das wäre von ewigen Sturm auf dem Mars schon bald wieder verschwunden."

"Daher haben ...", fuhr er fort, als es leise, aber vernehmlich im Programm von Radio Mars knackte und die Stimme von Kommandant Tscherkov sich mit der leisen Musik mischte: "Hier spricht Kommandant Tscherkov! Wir sind alle wohlauf!"

Ein geistesgegenwärtiger Mitarbeiter im Regieraum fuhr die Lautstärke hoch. Noch immer von der Musik überlagert, wiederholte Tscherkov seine Meldung noch dreimal.

Der Saal verwandelte sich in ein Tollhaus! John senkte den Kopf, damit sein Gesicht ihn nicht verriet. Von Aussen sah es so aus, als würde er sich erleichtert entspannen.

Dann zeigte er offen den Triumph über den Erfolg ihres Manövers.

Während Tscherkov einen kurzen Bericht über ihre Lage durchgab, entwickelte sich bei den Reportern hektische Aktivität. Handys wurden gezückt und die jeweilige Redaktion angerufen.

"Die ASTRO ist beschädigt und wir sind dabei die notwendigen Reparaturen durchzuführen. Alleine der Zustand des linken Triebwerks bereitet uns Sorgen, denn wir haben immer noch nicht herausgefunden, warum es bei der Landung ausgefallen ist."

Jemand teilte John mit, dass er über BBC Worldwide auf Sendung war. Die Musik war inzwischen abgestellt, aber lag natürlich immer noch über dem, was Tscherkov sprach.

"Kommandant Tscherkov, hier spricht John Mirvo! Wir hören sie klar und deutlich!" meldete John zum Mars. Dann tat er so, als müsse er sich eine Frage überlegen. "Wie steht es um die Lebenserhaltung? Werden die Reparaturen rechtzeitig abgeschlossen sein?"

Dann warteten sie in atemloser Stille zwei Minuten auf die Antwort. Einige Reporter nutzen die Zeit, sich Fragen zu überlegen, die man zum Mars schicken wollte.

Schier endlos tickten die Sekunden, während die Welt auf eine Antwort wartete.

"Wir hatten während der letzten drei Tage Funkempfang, daher haben wir die Diskussionen und Fragen, welche die Leute auf der Erde bewegen mitbekommen", erklärte Tscherkov. "Die Struktur, die sie entdeckt haben, ist tatsächlich künstlichen Ursprungs!"

Er machte eine lange Pause, während die Menschen, die seine Worte hörten, begannen zu realisieren, was sie bedeuteten.

"Es handelt sich um eine Landebahn, die von automatischen Systemen gereinigt wird", fuhr er fort.

Dann liess er die erste Bombe platzen: "Daneben steht ein Haus mit Swimmingpool. Im Moment steht die ASTRO im Hangar dieses Hauses und wir können sie genauso bequem reparieren, wären wir noch auf der Erde."

Während sich die Leute von dem Schock erholten, setzte Tscherkov noch einen drauf: "Unser Gastgeber war so freundlich, das Schiff für uns hierher zu transportieren."

Tscherkov machte eine Pause, damit seine Worte wirken konnten.

"Sein Name ist Philmann Dark und er sitzt hier neben mir in der Zentrale der ASTRO I."

"Ich grüsse sie", sagte eine neue, ruhige, dunkle Stimme, "und heisse die Menschheit im Kreis der raumfahrenden Völker willkommen."

Überall auf der Erde brachen Tumulte aus.

Copyright © 2001-2002 Aaron Digulla a.k.a. Philmann Dark.
Last Modification: 04.02.2003